meldung
Anti-Blackfacing-Störaktion im Deutschen Theater Berlin
Zutiefst diskriminierendes Mittel?
13. Febuar 2012. Gestern abend hat ein "Aktionsbündnis gegen Blackfacing auf deutschen Bühnen" (mehr hier) eine Vorstellung von Michael Thalheimers Dea-Loher-Inszenierung Unschuld gestört. Nach dem ersten Auftritt des Schauspielers Andreas Döhler, dessen Gesicht für die Inszenierung schwarz gefärbt wurde, verließ ein gutes Dutzend Zuschauer aus dem Parkett demonstrativ den Saal.
Das berichtet aus eigener Anschauung nachtkritik-Redakteur Christian Rakow. In der Szene, die die geplante Aktion ausgelöst hat, geht es um zwei in Europa gestrandete afrikanische Migranten.
Nach der Aufführung verteilten die Aktivisten Handzettel im Foyer. Man wolle ein Zeichen setzen, heißt es da unter anderem, dass "das hier verwendete Mittel des Blackface" eine rassistische und diskriminierende Darstellung Schwarzer durch schwarz geschminkte weiße Schauspieler sei, die eine kolonialistische Vergangenheit habe. "Wir selbst – Schauspieler_innen, Regieführende, Dramaturg_innen und andere Theater- und Kulturschafende (weiße UND Schwarze) sprechen uns eindeutig gegen die Verwendung von Blackface aus! Denn es ist KEIN simples Theatermittel zum Zweck der Verfremdung – sondern wiederholt rassistische Bilder und Klischees und lässt sie wieder wirksam werden."
Die Theatermittel kenntlich machen
Die Flugblatt-Aktion fand mit Genehmigung des Deutschen Theaters statt, wo Chefdramaturgin Sonja Anders in der Bar auch mit den Aktivisten diskutierte. Das Gespräch müsse ja geführt werden, sagte DT-Intendant Ulrich Khuon zu nachtkritik.de. Doch teilt er die Kritik am Einsatz des Theatermittels nicht. Theater denke immer über Zuschreibungen nach, so Khuon, und müsse die dazu verwendeten Mittel auf der Bühne kenntlich machen. Deshalb sei das Stilmittel, das Michael Thalheimer in seiner Inszenierung verwende, mit dem "Blackfacing" der amerikanischen Minstrelshows gar nicht vergleichbar. Auch könne man fragen, warum ausgerechnet afrikanische Migranten von Schauspielern mit schwarzer Hautfarbe gespielt werden sollten. Würde dies nicht viel eher Klischees manifestieren?
Der US-Dramatiker Bruce Norris hatte vor kurzem dem Deutschen Theater die Rechte für eine Aufführung seines Stücks "Clybourne Park" entzogen, da das Theater von zwei Rollen im Stück für schwarze Schauspieler nur eine Rolle dieser Vorgabe entsprechend besetzt hatte. Der bereits für das Norris-Stück engagierte Schauspieler Ernest Allan Hausmann spielt nun in Rafael Sanchez' Ersatz-Inszenierung Die Kommune eine Rolle mit ursprünglich weißer Zuschreibung.
(chr / sle)
Mehr zum Thema: die Internetseite der Aktionisten Bühnenwatch.
Wir halten Sie auf dem Laufenden
Wir sichten täglich, was in Zeitungen, Onlinemedien, Pressemitteilungen und auf Social Media zum Theater erscheint, wählen aus, recherchieren nach und fassen zusammen. Unterstützen Sie unsere Arbeit mit Ihrem finanziellen Beitrag.
mehr meldungen
meldungen >
- 13. September 2024 Staatstheater Kassel: Geschäftsführer freigestellt
- 13. September 2024 Salzburg: Nuran David Calis wird Schauspieldirektor
- 12. September 2024 Heidelberg: Intendant Holger Schultze hört 2026 auf
- 12. September 2024 Auswahl des "Augenblick mal"-Festivals 2025 in Berlin
- 12. September 2024 Freie Szene Hamburg: Protest-Aktion zur Spielzeiteröffnung
- 12. September 2024 Baden-Baden: Nicola May beendet Intendanz 2026
- 12. September 2024 Berlin: Aufruf der Komischen Oper zu Musikschulen-Problem
- 12. September 2024 Literaturpreis Ruhr für Necati Öziri
neueste kommentare >
-
Playing Earl Turner, Wien Trotzdem wichtig
-
Grmpf, Köln Grpf!
-
Necati Öziris "Vatermal" Anderes Empfinden
-
Empusion, Lausitz Festival Berichterstattung
-
Dantons Tod und Kants Beitrag, Dortmund Analyse?
-
Hamlet, Wien Positiv überrascht
-
Necati Öziris "Vatermal" Starker Text
-
Kassler GF freigestellt Verwechselung
-
Die Verwandlung, Zürich Nur Kafka wird das überleben
-
Der Reisende, Essen Eigene Vorlage
Haben die Leute wenigstens auch etwas von sich gegeben beim Verlassen des Saals oder sind sie "nur" hinaus gegangen?
bitte erlauben Sie mir einige Korrekturen/Bemerkungen.
Auch wenn, Sie Herr Rakow, nur "ein gutes Dutzend" (Wie viele sind das? 10, 11?) Zuschauer gezählt/geschätzt haben, waren es 42 Menschen. M.E. also mehr als drei Dutzend.
Weiter. Den Handzettel haben Sie ja offensichtlich gelesen. Und in dem Text weisen wir eindeutig daraufhin, daß "blackface" mitnichten "nur" eine amerikanische Tradition ist, sondern ebenso in Europa und damit auch in Deutschland praktiziert wurde und wird.
Darüber hinaus fragen wir: "Auf welche Kosten muss an einem rassistischen und zutiefst diskriminierenden Mittel festgehalten werden, wenn das heutige Theater doch über so viele andere Mittel in seiner, zu Recht hochgelobten und verteidigten, Diversität verfügt ..." (Erst im Nachsatz fragen wir:-) "... und es ja daneben auch noch entsprechende schwarze, gut ausgebildete Schauspieler gibt?!"
Dea Loher schreibt ihrem Stück übrigens Folgendes voran:
"Wenn Elisio und Fadoul mit schwarzen Schauspielern besetzt werden, dann bitte, weil es ausgezeichnete Schauspieler sind, nicht, um eine Authentizität zu erzwingen, die unangebracht wäre. Ansonsten keine »Schwarz-Malerei«, lieber die Künstlichkeit der
Theatermittel durch Masken o.ä. hervorheben."
Nun hat sich das Inszenierungs-Team darüber hinweggesetzt. Bewußt. Es gab aber die Möglichkeit über den Einsatz der Mittel nachzudenken. Das hat aber offenbar nicht dazu geführt, "tiefer in die Materie" einzusteigen.
Es geht also in erster Linie um BLACKFACE. Auch wenn Herr Khuon, den Vorwurf Stilmittel mit kolonialhistorischer Vergangenheit zu verwenden, vom Tisch zu wischen versucht. Mit Verlaub, die Deutungshoheit, was ich und andere PoC als diskriminierend empfinden oder nicht, liegt nicht bei Herrn Khuon (den Sie ja hier zitieren).
Die Frage warum es nicht mehr PoC auf deutschen Bühnen gibt ist eine andere, dringend zu diskutierende.
Ihr Engagement in allen Ehren, ich habe seinerzeit die von Ihnen verurteilte Schwarzmalerei anders gesehen. Es handelt sich in der Tat um aufgemalte Masken. Im Spiel verwischen diese aber und färben bewußt auf die Gesichter der anderen europäischen Figuren ab. Ein künstlerisches Mittel von Regisseur Thalheimer, dass Sie mit Sicherheit verstanden hätten, wären Sie in der Inszenierung sitzen geblieben. Bitte keine übertriebene P.C. am Theater, P.C. die sich in der sogenannten Blackfacingverurteilung erschöpft, hat dort nichts zu suchen. Das DT sollte sich diese Diskussion nicht aufzwingen lassen.
Ich muss allerdings sagen, dass ich die ganze Debatte ein wenig albern finde, ob jetzt schwarze Maske oder schwarze Farbe im Gesicht, sollte Sache der Regie sein. Und über die Kolonialisierungszeiten sind wir weit hinweg; da zeigt sich ein weiteres Mal das Problem der Geschichtsschreibung auf, nicht nur, dass nichts neues mehr geschaffen werden kann, es besteht bei wirklich allem, was man macht, eine negative Konnotation.
da Sie Dea Lohers Vorsatz zitieren: Es ist zwar schon ein bisschen her, dass ich die Inszenierung sah, aber ich habe das tatsächlich nicht als realistisch gemeinte Schwarz-Malerei empfunden (im Unterschied vielleicht zu der - von mir allerdings nicht gesehenen - Vorstellung "Rappaport" im Schlossparktheater), denn als offensichtlich künstliche "Maskierung". Ob dazu nun wirklich eine Maske oder Schminke verwendet wird, ist m.E. unerheblich. Zentral ist die Künstlichkeit der Maskerade. Und die war für mich überdeutlich, weshalb ich das natürlich als Theatermittel wahrnehme.
Fadoul und Elisio sind ja auch nicht die einzigen Figuren, die in dieser Inszenierung nicht "authentisch" besetzt sind: Ingo Hülsmann z.B. spielt eine Frau, ohne dass jemals wirklich die Illusion erweckt wird, da stünde tatsächlich eine Frau auf der Bühne (und ohne dass dadurch Frauen diskriminiert werden). Genauso spielen Moltzen u. Döhler PoC, ohne dass die Illusion erweckt wird, es stünden afrikanische Migranten auf der Bühne.
Vielleicht können Sie mir erläutern, wo da für Sie der Unterschied liegt (Männer spielen Frauen / Weiße spielen Schwarze)? Ich kann das wirklich nicht ganz nachvollziehen.
Vielen Dank für die Auseinandersetzung und schöne Grüße,
Linus
Lächerlich_Innen!
Unschuld wurde 2003 in Hamburg uraufgeführt. Nach meinen überschlägigen Recherchen gab es nur eine Aufführung, in der ein schwarzer Darsteller auftrat. In den weitaus meisten Aufführungen kamen weiße Darsteller zum Einsatz, obwohl die Autorin in den Regieanweisungen beide Rollen als schwarz beschreibt und folgerichtig die Besetzung mit schwarzen Darstellern empfiehlt. Würde man die Regisseure der einzelnen Inszenierungen befragen, bekäme man jedes Mal zur Antwort, dass man Rassismus gerade habe karikieren wollen. Jetzt frage sich doch mal jeder, ob man nicht von dutzenden Einzelfällen doch auf eine Regel schließen kann: Dass Schwarze von den deutschen Bühnen ferngehalten werden, und zwar nicht aufgrund einer geheimbündlerischen Übereinkunft, sondern aufgrund einer unbewussten geistigen Beschränkung = Rassismus.
Übrigens, zu Herrn Khuon, mit dem wir uns noch eine konstruktive SDiskussion erhoffen: Klischeehaft kann es nicht sein, afrikanische Figuren mit Schwarzen zu besetzen. Klischeehaft ist, nur afrikanische Flüchtlinge mit Schwarzen zu besetzen, den Hamlet aber nie.
Mit freundlichem Gruß
Stefan Schweers
ich weiß es sehr zu schätzen, daß Sie mein Engagement ehren. Haben Sie auch vielen Dank dafür, mich vor übertriebener P.C. zu warnen. Erlauben Sie mir gleichzeitig, Ihre Warnung zu ignorieren und weiterhin zu versuchen, Menschen über den Umgang mit verwerflichen Traditionen aufzuklären.
Herzliche Grüße,
Atif Hussein
Die Aktion gegen farbig angemalte Gesichter auf der Bühne im Allgemeinen betrachte ich als einen übel moralisierenden Angriff auf die Theaterfreiheit.
Sie verdrehen die Tatsachen. Der Maulkorb, hier visueller Art, soll dem DT umgebunden werden. Unter dem Vorwand keine angemalten Schauspieler auf der Bühne, da schlimmes Blackfacing, versucht man sich für mehr farbige Schauspieler an den Bühnen einzusetzen. Das ist sehr wohl Ausübung von Zwang und vor allem unehrlich, da ein vorgeschobener Vorwand um Aufmerksamkeit zu erzeugen. Den Vorwurf der Diskriminierung empfinde ich genauso unerträglich, wie sie die angebliche Diskriminierung selbst. Meine sogenannten „dunklen“ Reflexe zielen auf Differenzierung, ein Wort das P.C.-Aktivisten nicht kennen. Das alles hat mit Kunst nicht mehr viel zu tun und ist keine Grundlage für eine gute Diskussion. Daher mein Vorwurf des Zwangs. Diskussionen muss man führen, aber nicht unter diesen Vorzeichen. Interessant wäre es ja nun zu erfahren, wohin die Diskussion geführt hat. Stellt das DT nun farbige Schauspieler ein oder setzt das Stück "Unschuld" ab?
Herr Hussein, Sie sprechen von Ihrer Deutungshoheit. Der springende Punkt dabei ist, wie man seine angebliche Deutungshoheit nutzt. Übrigens die Deutungshoheit, was Diskriminierung ist, liegt beim Gesetzgeber. Aber soweit muss man ja nicht unbedingt gehen, wenn man vorurteilsfrei diskutiert und andere Meinungen gelten lässt. Auf eine Belehrung, wie Sie sie praktizieren, kann ich aber gut verzichten.
Alles andere hat "Stefan" gesagt. Ganz klar und abschließend.
- ein frommer Wunsch, dessen Erfüllung wohl noch dauern wird ...
"Die Aktion gegen farbig angemalte Gesichter auf der Bühne im Allgemeinen betrachte ich als einen übel moralisierenden Angriff auf die Theaterfreiheit."
- Ich finde, da machen Sie es sich etwas einfach. Gerade Blackface hat eine etwas kompliziertere Geschichte. Natürlich kann man das "Anmalen" sinnvoll, kritisch und reflektiert einsetzen.
ABER: Haben Sie nicht auch den Eindruck, dass Schauspieler vor allem deshalb schwarz geschminkt werden, weil die Theaterlandschaft zu träge und faul ist, sich um Schauspieler mit anderer Hautfarbe überhaupt zu bemühen? Und dann erfindet man eben Gründe und behauptet, man wolle den Rassismus mit dem Anmalen eh nur reflektieren - und schreibt so den strukturellen Rassismus der Theaterinstitutionen einfach fort. Denn, selbts wenn man schwarze Schauspieler besetzen wollte, man hat sie einfach nicht (Anders als im Tanz, wie Sie richtig schreiben).
Nur: Daran sind ja meiner Meinung nach die Theater selber schuld. Einerseits sagt man Schauspielern mit anderer Hautfarbe, es gäbe für sie nicht genügend Rollen, andererseits besetzt man selbst die wenigen Rollen weiterhin lieber mit weißen Schauspielern, weil es eben einfacher ist ...
Nicht jede Aufführung, in der jemand schwarz geschminkt wird ist rassistisch - und als Theatermittel muss das natürlich möglich und erlaubt sein (Da bin ich auch anderer Meinung als Atif Hussein), aber in der Art und Weise, wie es momentan meist vorkommt ist die inhaltliche Begründung eben meist nur ein Feigenblatt, wie ich finde.
Es heißt dann: Wir malen an, um den Rassismus zu karikieren, zu zeigen. Dabei könnte man einfach einmal selber einen Schritt nach vorne gehen. Aber dazu sind die Theaterstrukturen wohl zu festgefahren und die Intendanten und Regisseure wohl einfach zu sehr auf Erhaltung des Status Quo bedacht ...
- wie viel Zeit und Kraft Menschen in den Posts über mir aufbringen, um eine Abwehrhaötung aufrecht zu erhalten, sich zu Opfern von PC-Debatten zu machen, Menschen die eigene Diskriminierungserfahrungen beschreiben zu diffamieren, zu ignorieren aus welcher Norm- und Machtopisition sie sprechen.
- diese Kraft und Zeit könnte doch wunderbar genutzt werden, um sich mal mit Rassismus, weiß-sein und Kolonialismus, wie er noch heute alltäglich wirkt, zu beschäftigen (z.B. mal deutschland-schwraz-weiß-noah-sow googlen).
Da würden alle von profitieren und Menschen müssten nicht ihre Zeit darauf verwenden, zu erklären, dass Anknüpfen an Rassismus wenig mit künstlerischer Freiheit zu tun hat. Wie wärs mit: künstlerische Freiheit ist darauf zu verzichten, kolonialistische Gewalt zu wiederholen und nach anderen Wegen zu suchen.
Stattdessen könnten Menschen z.B. auch Zeit damit verbringen zu überlegen, was geändert werden muss, damit Theater in Deutschland attraktivere Orte werden für nicht-weiße Menschen.
Ach ja, "farbig" ist übrigens auch eine Bezeichnung für Menschen, die nicht diskriminierungsfrei ist, keine Selbstbezeichnung und angemessene Übersetzung von Person of Color, sondern kolonial geprägt. Es geht mir dabei nicht um PC, richtig-falsch, sondern darum zu verstehen, dass das was wir als "normal" und "selbstverständlich" kennen lernen (Sprache, künstlerische "Freiheit",...) voller Gewalt ist. Das erfordert eine Menge Hausaufgaben und durchaus auch mal schmerzhafte Prozesse.
die Zeit nehme ich mir gerne. Ich denke übrigens nicht in Farbkategorien, das sind Äußerlichkeiten. Ich gebe zu, nicht alles zu wissen, was einen Menschen anderer Hautfarbe verletzen könnte. Vielleicht werde ich auch das Buch von Noah Sow lesen, um endlich zu erfahren, wie rassistisch ich wirklich bin. Hier geht es aber nicht um den „Sarotti-Mohr“, „Negerküsse“ oder das Schwarzfahren, sondern um künstlerische Freiheit, das müssen auch Sie mal verstehen. Sie werden den Rassismus nicht dadurch beseitigen, dass es keine angemalten Schauspieler mehr auf der Bühne gibt. In den USA hat man z.B. Bewerbungsverfahren anonymisiert. Ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung. Ist dadurch aber die Diskriminierung per se abgeschafft worden? Mit Sicherheit nicht. Dazu bedarf es weiterer Bemühungen und einer tatsächlichen Einsicht. Diese Einsicht erreicht man nicht durch Regelungen im Sprachgebrauch, sondern durch Aufklärung, nicht Belehrung. So verstehe ich das Anliegen des Buches. Wenn Atif Hussein der Meinung ist, das DT betreibt eine Minstrel Show, ist das seine persönliche Ansicht, die ich nicht teilen muss. Ich behalte mir trotzdem eine andere Meinung vor.
schauen Sie was passiert: Ich teile öffentlich mit, daß mich die Verwendung eines für mich äußerst fragwürdigen, weil mich diskreminiernden Mittels zur Darstellung von PoC auf der Bühne schmerzt, da es in einem komplexen, historisch gewachsenen Zusammenhang steht. Als Reaktion auf diese Veröffentlichung werde ich wiederum herabgesetzt: Es heißt ich wäre lächerlich, nicht Ernst zu nehmen, ich würde übertrieben reagieren, ich wäre undemokratisch, unaufgeklärt, ich hätte kein Verständnis für Kunst, ich würde andere zu etwas zwingen, was diese nicht wollten, mir wird offen ins (hier "digitale") Gesicht gesagt, ich würde lügen, meine wahren Absichten zu verschleiern suchen.
Ich habe mit diesen Abwehrreaktionen gerechnet.
Darum erlauben Sie mir bitte, Sie zu korrigieren: Ich sprach nicht von MEINER Deutungshoheit, sonderte stellte in Frage, daß die Deutungshoheit was ich als diskriminiernd empfinde oder nicht, nicht bei einem Vertreter der Dominanzkultur liegen kann.
Das Gespräch mit der Leitung des Deutschen Theaters, dem Inszenierungs-Team und Schauspielern der Produktion wurde uns von Frau Anders, der Chef-Dramaturgin und stellv. Intendantin angeboten. Wir haben das Angebot angenommen und werden reden, fragen, uns zuhören.
Darüber hinaus wissen Sie genauso wie ich, daß Gesetze Ergebnisse einer politischen Willensbildung sind. Die Bedeutung und Reichweite von Gesetzen ist in einer Demokratie abhängig von einer permanenten Debatte darüber was Recht ist oder nicht. Und das einige deutsche Gesetze sehr bewußt offener gehalten sind als andere, um Selbstbestimmung und damit ein gewisses Maß an Freiheit zu garantieren, ist mir sehr wohl klar. Und ich bin sehr froh in einem Land Leben zu können, wo mir das tatsächlich garantiert ist.
Herzliche Grüße,
Atif Hussein
Das Kind^^ heißt natürlich nicht mehr Minstrel Show, sondern "Unschuld", " Ich bin nicht Rappaport" etc...
Die Unterstellungen nehme ich zurück. Ich sehe ein, das es Ihnen ernst ist. Ich wünsche Ihnen ein offenes Gespräch und Ohr. Viel Erfolg, auch wenn ich in einigen Punkten anderer Meinung bin.
Diskriminierung ist ja ein sich selbst bestätigender Kreislauf, von dem der Außenstehende nur das Ergebnis präsentiert bekommt, das er dann für natürlich oder berechtigt oder beides hält.
Statistisch ließe sich sicher anhand von Stellungnahmen von Agenturen etc. belegen, dass Schwarze oder Deutsche türkischer Herkunft überdurchschnittlich oft, oder fast durchweg, für Rollen mit kriminellem oder sexuellem Schwerpunkt verlangt werden oder eben für Rollen, die ausdrücklich schwarz oder türkisch sind.
Für neutrale Rollen werden Müllermaierschmitz verlangt.
Wenn es zu dem vorbenannten Gesrpäch mit mit dem Deutschen Theater kommen wird, wollen Sie teilhaben? Es wird sich organisieren lassen. Melden Sie sich!
herzliche Grüße,
Atif HUssein
Ich lasse mir nun mal das Umdenken nicht verordnen. Ich bekenne mich nicht zu Blackface. Im Falle des DT bezweifle ich auch, dass es Blackfacing ist. Es wird nicht allein nur dazu, weil Sie es immer wieder behaupten. Sie lehnen strikt jegliche Diskussion darüber ab. Warum? Ich mache außerdem niemanden lächerlich. Lächerlich ist lediglich ihre fehlende Selbstironie und diese ständigen Verdächtigungen, aber dafür kann ich nichts. Die Hälfte von dem was Sie behaupten, stimmt einfach nicht. Weder lehne ich antirassistische Gesetzte ab, noch bin ich gegen bestimmte Tabus im Sprachgebrauch. Aber ich erlaube mir trotzdem kritische Einwände. Wenn das allein in Ihren Augen bereits rassistisch ist, mangelt es Ihnen an der nötigen Gesprächskultur. Ich habe noch kein stichhaltiges Argument dafür hier gelesen, dass das Schwarzschminken am DT bewusstes Blackfacing ist. Sie behaupten es einfach. Woher nehmen Sie diese Sicherheit, ohne mit den Künstlern gesprochen zu haben? Haben Sie das Stück überhaupt gesehen? Sie drängen anderen Ihre Meinung auf und akzeptieren einfach deren Ansichten nicht. Wir verlieren dabei auch die eigentliche Frage völlig aus den Augen, warum es zu wenig schwarze Schauspieler auf deutschen Bühnen gibt. Es wird von den jeweiligen Seiten behauptet, dass es a) zu wenigen schwarzen Rollen gibt und b) die dann auch noch mit weißen Darstellern besetzt werden. Wo liegt das Problem zu fordern, dass jeder Schauspieler unabhängig von der Hautfarbe, jede Rolle spielen können sollte. Dafür sollten Sie sich einsetzen, nicht für die unsägliche Diskussion, ob man Schauspieler schwarz anmalen darf. Aber es macht wenig Sinn hier im Forum darüber zu diskutieren. Ich gebe es auf.
im Prinzip gerne, aber Sie müssen nun erst mal mit den Beteiligten des Theaters sprechen. Wenn es danach noch eine weiterführende öffentliche Diskussion im DT gäbe, würde ich mit Sicherheit teilnehmen wollen.
Übrigens hat Nachtkritik-Redakteur Nikolaus Merck einen Artikel zum Thema verfasst, der heute in der Berliner Zeitung steht. Es gibt auch dort bereits die erste Kommentare.
http://www.berliner-zeitung.de/debatte/debatte-am-deutschen-theater--wo-faengt-rassismus-auf-der-buehne-an-,10809196,11633432.html
(Lieber Stefan, falls Sie interessiert sind, mit Atif Hussein jenseits der Kommentarspalten den Dialog fortzusetzen, wenden Sie sich bitte an die Redaktion (redaktion@nachtkritik.de). Wir stellen gerne einen Kontakt her. Viele Grüsse, Esther Slevogt)
Theater mitgestalten!
Das DT sollte sich dieses zu eigen machen, die Chance ergreifen, als beratende Institution die Zeichen der Zeit nutzen & dieses Aufgabe als höheren Auftrag sehen = ein Camp eröffnen:
Ähnlich wie der DBV mit dem Slogan "Theater muss sein" vorantritt sollte dieses Forum eine Weiterentwicklung des "Theater muss sein-Ansatzes" bieten z.B. "Theater muss sein ...(auch für... vor allem mit...)" oder "Theater hat Farbe" oder "Theater ist bunt" ..bevor es jedoch am Ende heißt....: "Theater grenzt aus?" sollte nicht aber allein im kleinen Kreis wie bisher wohl geplant diskutiert werden.
Interessenten gibt es genug wie die Rappaport & Unschuld Stücke zeigten...
Das Camp sollte ähnlich wie die einstige Veranstaltung "Türkisch Gold" im DT
Von & mit Interessenten gestaltet werden. Menschen da draußen, wie Meinungsmachern - Theatermenschen - Betroffene - Agenturen - Schauspielschulen - Filmmenschen - Zuschauer - Verbänden -Politikern, nachtkritik, etc.
= das alles in einem Rahmen in dem alle mitdiskutieren sollen & dürfen, klare Moderation & Lösungsansätze - vor allem aber die Klärungen zu Blackface & Schauspielerbesetzungen
Bitte gerne per Live-Online-Übertragung als zusätzliche Diskussionsform
- wir sind in Berlin
- von hier aus können Zeichen gesetzt werden
- wir sind alle bunt
- wir wollen Theater mitgestalten
- lasst es uns anpacken
- DT- stehen sie bereit?
Wie kommt man auf die Idee eine solche Frage zu stellen, wenn Schwarze Schauspieler_innen an deutschen Bühnen ganz offensichtlich diskriminiert werden. Ich kann wirklich nur noch davon ausgehen, dass die Tatsache, dass Schwarze Schauspieler_innen in Deutschland weder für vermeintlich weiße Rollen, bei denene die Hautfarbe jedoch in wirklichkeit keine Rolle spielt gekastet werden, weil sie nicht weiß sind, NOCH für schwarze Rollen, weil dann - oh wunder - in keinem Ensemble Schwarze Schauspieler_innen zu finden sind, bewusst ignoriert wird. Auch ist doch wohl selbstverständlich, dass Schwarze Schauspieler_innen genau so wie weiße Schauspieler_innen aufgrund ihrer Fähigkeiten gekastet werden sollten. Wieso wird dies hervorstreichen, ausser um unterschwellig zu unterstellen, es wäre schwierig, ausgezeichnete Schwarze Schauspieler_innen zu finden? Vielleicht sollten sich deutsche Intendantinnen einfach mal anschauen, wie man es woanders macht. Dann würde möglichwerweise die Erkenntnis folgen dass Kunst auch in Deutschland eienes Tages ohne Rassismus möglich sein wird (und schon vielerorts praktiziert wird). Vielleicht brauchts aber auch einfach noch 50 Jährchen, um mit dem Rest der Welt aufzuschließen... Oder es gibt mal bald einen Entwicklungshilfefonds. Da würde ich gerne Sponsorin.
Ist es Ihnen möglich, einzusehen, dass wir es mit einer Frage zu tun haben, auf der 500 Jahre Unterdrückungsgeschichte lasten?
Ist es Ihnen möglich, zu begreifen, dass diese ungeheure Last die Fragestellung und ausnahmslos alle Antworten notwendig für lange Zeit verformen muss?
Ist es Ihnen möglich, zu empfinden, dass, während an Europas Grenzen die schärfsten Maßnahmen zur bewaffneten Flüchtlings- bzw. Einwanderungsabwehr getroffen werden, dass, während gleichwohl täglich Menschen auf der Suche nach einem erträglichen Dasein ihr Leben und das ihrer Kinder riskieren, um im Überlebensfall entweder gnadenlos abgeschoben zu werden oder - oft für Jahre - in elenden EU-Internierungslagern zu landen, ist es Ihnen möglich zu empfinden, frage ich Sie, dass die von Ihnen unter diesen Umständen eifrig geführte „Kunstdebatte“ die Züge einer Kaminplauderei unter Herrenmenschen, Neokolonialisten und Imperialisten trägt?
Können Sie nicht verstehen, dass ein Mensch, der trotz der ständig erhöhten Einbürgerungszäune seinen Fuß auf die gelobte Schengen-Erde setzen durfte und nun damit rechnen muss, von Idioten in Springer-Stiefeln zu Tode getrampelt zu werden, sobald sie in ihm „den Ausländer“ erkennen und enthemmt genug sind, ihrem Wahnsinn nachzugeben, dass ein solcher Mensch auf die hier in Rede stehenden Schminklustbarkeiten deutscher Stadttheaterregisseure gereizter reagiert als es den Freunden der Kantinenkunstfreiheit in den Kram passt?
Und das mit Recht?
WE ALL ARE PEOPLE OF COLOUR, gewiss. Aber einige sind nach immer noch nicht getilgter aggressiver Ansicht MORE COLOURED THAN WE ARE. So lange das so ist, gibt es keinen Spielraum für Diskussionen der hier statthabenden Art.
Wir müssen unsere Theater, sollten sie Rollen, die ausdrücklich andersfarbige Menschen meinen, nicht adäquat besetzen können oder wollen, schon bitten, die Finger von den Stücken lassen, in denen diese Rollen aufgeschrieben sind. Weder die AutorInnen, noch die Verlage sollten hier auch nur einen Zentimeter weit zurückweichen.
„Eines Abends forderte mich ein Schauspieler auf, ein Stück zu schreiben, das von Schwarzen gespielt werden könnte. Was aber ist eigentlich ein Schwarzer? Und zu allererst, welche Farbe hat er?" (Jean Genet)
In dieser Diskussion geht es (meiner Ansicht nach)um Toleranz, Respekt, Freiheit und Gleichberechtigung. Bezogen auf ein konkretes Thema. Im Theater, auf der Bühne, in seiner (begrenzten) Wirkung auf unsere Gesellschaft! Nicht mehr und nicht weniger.
Thomas Ostermeiers "Othello" zum Beispiel geht in der Tendenz (vor allem in der ersten Szene) sehr stark in die Richtung einer Leni Riefenstahl-Ästhetik, auch wenn Othello von einem schwarz beschmierten und nach der ersten Szene sofort wieder abgewischten weissen Schauspieler (Sebastian Nakajew) dargestellt wird - und genau darin könnte in meiner Wahrnehmung auch das Problem liegen. Entweder man wählt einen schwarzen Schauspieler und stellt die Riefenstahl-Ästhetik bewusst reproduzierend aus, um sie der Kritik des reflektierenden Zuschauerblicks zu unterziehen. Oder man wählt einen weissen Schauspieler und erzählt das Stück ohne die Markierung des Fremden allein über die Kategorie der ethnischen Zugehörigkeit und/oder Hautfarbe, worin sich die Persönlichkeit eines Menschen ja nicht erschöpft.
Als interessanter würde ich daher ein Konzept empfinden, welches gender, race und class zusammendenkt. Ansonsten landen wir bei der bloßen Verschiebung struktureller Unterdrückungsmechanismen oder auch: "Woman is the nigger of the world" (John Lennon).
das ist ja kaum auszuhalten. Wovor haben wir denn Angst? Die Möglichkeit vom Fremden/Unbekannten zu erzählen ist doch, das was den Zauber des Theaters ausmacht. Wenn hier dieser Authentizitätsquatsch ausgewalzt wird, dreht sich mir der Magen um. Eine Inszenierung, die auf die Zeichenhaftigkeit des „Schuhcremeschwarzseins“ verweist, ist doch immer ein kritisches Dispositiv - hier kann das Willkürliche von stereotypen Zuschreibungen, doch vielleicht im Besonderen durch einen weißen Spieler erfahrbar gemacht werden.
Die fernsehnaturalistische Behandlung im TV im Sinne "der Schwatte hier im Cast, der spielt jetzt den Dealer", die gehört doch angegriffen - dass es auf deutschen Bühnen sicher auch in dieser Hinsicht einige Gräßlichkeiten gibt ist leider auch wahr (der Calis der macht das Gangstastück, der Erpulat die Migrantenkomödie etc.). Aber vor allem krankt doch das Schaffen gerade an diesem authentizitätsseligen, erbsenzählerischen "du bist was du bist", welches m. E. ja gerade im Spielvorgang der Theateraufführung infrage gestellt werden kann und soll. In dieser Hinsicht ein Danke an die TT2012-Jury - Danke Volksbühne! Hier wird der Raum der Möglichkeiten, gegen die kleinbürgerliche Reihenhausmentalität verteidigt. @f-p. s was ist denn bitte angemessen? das ist mir ebenso schleierhaft, wie h. köhlers werktreuebegriff. vielleicht kann man mir auf die sprünge helfen.
-nein, das ist make-up. und im theater wird make-up verwendet, das ist völlig normal.
der senegalese, der zum stück „kassandra oder die welt als ende der vorstellung“ am schauspielhaus wien auskunft gab, war künstler und schon seit vier jahren regulär in wien, mit einem visum eingereist. er selbst habe ja keine ahnung, aber sein cousin sei mit der patera gekommen, er habe es ihm erzählt, wie es war. ich wiederum war auf ihn zugegangen, nach dem stück, weil ich ihn währenddessen beobachtet hatte. das stück sei ihm sehr nahegegangen, die darstellung der flüchtlinge auf den booten, die zwei seiten des stücks, das ringen um die darstellbarkeit, usf.
war die wahl der mittel, über die wir lange diskutiert hatten, damit angemessen, weil ein PoC, der einzige im zuschauerraum, es für wertvoll befunden hatte? konnte man nun des weiteren davon ausgehen, dass anhand eines theaterstücks eine inhaltliche diskussion stattfinden würde und keine formale, eine inhaltliche diskussion über das, was sich an den außengrenzen tagtäglich abspielte? oder war der senegalesische künstler nicht repräsentativ? immerhin erfuhr ich auch: einige weiße zuschauer störten sich am blackfacing und stellten damit das ganze vorhaben in frage, behaupteten, dass die formale sehr wohl eine inhaltliche frage war.
ich danke herrn steckel, darauf hingewiesen zu haben, dass es hier in der so genannten „community“ bisher mit keiner silbe um den zweck des „rassistischen“ mittels ging, also die geschichten, die das theater erzählen oder das, was die haltung der aufführenden bühne sein kann (was nicht heißt, dass der zweck per se die mittel heiligt; und falls man die entsprechenden rollen mit PoC besetzen würde, ist damit noch lange nicht gesagt, dass inszenierungen nicht-rassistisch werden). ist das thema selbst nun nicht mehr diskussionswürdig, weil wir inzwischen schon diverse gut recherchierte tatorts und andere krimis zur hauptsendezeit zum thema gesehen haben, in denen afrikanische flüchtlinge von (mal mehr und mal weniger begabten) afrodeutschen schauspielern gespielt wurden und ein weiteres theaterstück dem eh nichts mehr hinzufügen kann? haben wir am ende alle das handtuch geworfen, weil wir (zwar widerwillig) in merkels führungschor einzustimmen geneigt sind, uns von den flüchtlingen abwenden (sowieso derzeit von frontex so abgeschirmt, sodass wir kaum noch was davon mitkriegen), sodass es nun erstmal um die rettung der eu-krisenstaaten gehen kann?
es ist höchste zeit, an deutschen bühnen mehr PoC zu engagieren. aber nicht um die von den autoren entsprechend vorgesehenen rollen zu besetzen, sondern um sämtliche rollen besetzen zu können.
(Anmerkung der Redaktion: Die Information die der "Hallenser" hier gibt, trifft, soweit im Moment nachprüfbar, zu. Laut Webseite der Bühnen Halle soll "Othello", in der Übersetzung von Feridun Zaimoglu und der Regie von Wolfgang Engel mit Jimmy Hartwig in der Titelrolle am 19. Mai 2012 Premiere haben.)
Was ich für wirklich gefährlich halte, ist jedoch, wie hier mehrfach gefordert, Schwarze nur mit Schwarzen zu besetzen. Auch wenn hier einer sagte, das würde einen schwarzen Hamlet nicht ausschließen, tut es eben genau das, denn nach dieser Logik müssen dann auch Weiße von Weißen, Blonde von Blonden, Schwule von Schwulen gespielt werden.Zum einen verhindert das jeglichen künstlerischen Diskurs über Diskriminierung, über Identität, über Bilder von "Fremdartigkeit", zum zweiten ist das nichts anderes als proktizierter Rassismus, denn letztlich tue ich damit nichts anderes, als einen schwarzen Darsteller auf seine Hautfarbe zu reduzieren. Es gibt dann immer noch gute und schlechte schwarze Schauspieler, aber sie sind eben nur in zweiter Linie gut oder schlecht und in erster schwarz. Ich unterstelle Herrn Steckel keine rassistischen Motive, aber seine Forderung nach "adäquater Besetzung" führt letztlich genau zu dem, was eigentlich keiner will. Ich will weiße Othellos, chinesische Macbeths oder schwarze Hamlets sehen dürfen. Oder besetzen wir in Zukunft nur noch Schotten als Macbeth? Und wo kriege ich einen Römer für Julius Caesar her? Letztlich habe ich dem Schlusssatz von Kevin Rittberger nichts hinzuzufügen: "es ist höchste zeit, an deutschen bühnen mehr PoC zu engagieren. aber nicht um die von den autoren entsprechend vorgesehenen rollen zu besetzen, sondern um sämtliche rollen besetzen zu können."
Übrigens, ich verstehe nicht, was Sie in Bezug auf den Begriff des Migrationshintergrunds mit der "Sprachmaske" meinen. Vielleicht könnten Sie das noch einmal konkreter formulieren? Meinen Sie die Art und Weise des Sprechens, über welches die Zugehörigkeit oder Nicht-Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe geregelt wird?
das Deutsche Theater Berlin hat gestern (am 21. März 2012, dem 45. Internationalen Tag gegen Rassismus) entschieden, auf 'blackface' zu verzichten. Ich denke, Sie müssen Ihren Kosmos neu ausrichten ...
Ich wünsche Ihnen von Herzen wundervolle Erlebnisse. - Erkenntnis, Sebsterkenntnis kann ungeheuren Spaß bereiten ...
Vielen Dank. Ich darf Ihnen versichern, dass sich mein Kosmos in demselben Zustand wie gestern befindet. Sollte das DT diese Entscheidung tatsächlich getroffen haben (und es gibt bislang keine verlässliche Quelle dafür) fände ich das äußerst bedauerlich, da es nicht nur eine Niederlage für die Freiheit der Kunst wäre, sondern auch eine für den Kampf gegen Rassismus, dem die ideologisch verblendeten und jeglicher Toleranz unfähigen Aktivivisten von Bühnenwatch & Co. einen Bärendiensterwiesen haben. Denk- und sonstige Verbote sind eben genau das Gegenteil von Toleranz und damit einer Auseinandersetzung mit Rassismus völlig unzuträglich. Es gibt viele Spielarten des Rassismus, der Versuch, Künstlern zu diktieren, welche Mittel sie zur Auseinandersetzung mit diesem Thema sie einsetzen dürfen, ist eine davon. Wenn gestern tatsächlich auf dieses Stilmittel verzichtet worden sein sollte, hoffe ich, dass dies nicht mehr war als ein einmaliges Zeichen guten Willens.
sie kochen genauso heiß wie die "aktivisten" und drohen grundlos überzukochen. ich finde weiß gemalte gesichter auch nicht gut, aber weiß, dass das haus eben diskussionen untereinander führt und sie immer wieder neu überlegen müssen, wie sie nun spielen. ich persönlich sehe in der schwarzen maske kein problem, kann aber vorgetragene argumente verstehen, wenn ich auch nicht alle richtig finde. es ging gestern nicht darum, dass schwarze zum beispiel als einzige schwarze spielen sollen, es geht um das verletztsein der "anderen" es gab durchaus auch diskutanten mit dunkler hautfarbe, die sich für eine freiheit der mittel ausgesprochen haben. es ist also alles nicht so eindeutig. aber jetzt eine debatte an sich schon als einschränkung in der kunst zu werten, eine kunst, die ja sowieso nicht 100prozentig frei ist, finde ich albern und genauso affektiert, wie das stichwort "holocaust", dass auch gestern sehr schnell im mund einiger gesprächsteilnehmer war.