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Legendäre Brecht-Aktrice Regine Lutz verstorben

Regine Lutz als Yvette in "Mutter Courage und ihre Kinder" von Bertolt Brecht (mit Helene Weigel links), 1951 am Berliner Ensemble / Hainer Hill © Akademie der Künste, Berlin, Bertolt-Brecht-Archiv

21. Dezember 2023. Die Schauspielerin Regine Lutz ist am 17. Dezember 2023 kurz vor ihrem 95. Geburtstag in Neuss gestorben, teilt das Berliner Ensemble mit.

Regine Lutz, geboren 1928 in Basel, spielte 1948 am Schauspielhaus Zürich, wo sie bei der Uraufführung von "Herr Puntila und sein Knecht Matti" Bertolt Brecht kennenlernte. Ein Jahr später wurde sie am Berliner Ensemble engagiert, wo sie große Erfolge in Brecht-Stücken feierte: als Yvette in "Mutter Courage und ihre Kinder", Virginia im "Leben des Galilei" oder Polly in der "Dreigroschenoper". Sie spielte auch das Gustchen im "Hofmeister" von Jakob Michael Reinhold Lenz, die Eve in "Der zerbrochne Krug" von Heinrich von Kleist und Elli in "Katzgraben" von Erwin Strittmatter.

"Ihr Spiel kennzeichnete eine eigene Kombination von Eleganz, Naivität, Anmut, Vitalität und Komik bis hin zum Chargenhaften", schrieb die Berliner Zeitung anlässlich ihres 75. Geburtstags und verwies auf Brechts Notat, Regine Lutz habe die Rolle der Yvette in der "Mutter Courage" mit "Herzklopfen, aber exquisit" gespielt.

Ab 1960 trat Regine Lutz parallel am Schiffbauerdamm im Osten und bei Rudolf Noelte im Westen Berlins auf, danach war sie auf Bühnen in ganz Westdeutschland engagiert. Von 1979 bis 1985 gehörte sie zum Ensemble des Berliner Schillertheaters.

Regine Lutz war auch in Film und Fernsehen zu sehen, unter anderem in Eberhard Fechners "Vier Stunden von Elbe I" (1967), Volker Schlöndorffs "Katharina Blum" (1975) oder Krzysztof Zanussis "Blaubart" (1985).

Als Schauspieldozentin lehrte Regine Lutz an der Bayerischen Theaterakademie August Everding in München und am Mozarteum in Salzburg sowie an der Hochschule für Schauspielkunst "Ernst Busch" Berlin und der Hochschule für Musik und Theater in Leipzig und Rostock. Ihre Erfahrungen in Praxis und Lehre hat Regine Lutz 1993 in ihrem Buch "Schauspieler – der schönste Beruf" aufgeschrieben.

(Berliner Ensemble / berliner-zeitung.de / chr)

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Regine Lutz: Große bekannte Unbekannte
Ein immenser Verlust, sowohl ästhetisch als auch menschlich. Dabei war Regine Lutz die große bekannte Unbekannte unter den Brechtschauspieler:innen. An vielen wichtigen Inszenierungen Brechts maßgeblich beteiligt (zu sehen z.B. als Eva, Tochter des Puntila in der einzigen filmischen Aufzeichnung zu Brechts Lebzeiten am Berliner Ensemble durch Syberberg), blieb sie ungerechterweise etwas im Schatten der Theatergeschichte. Eine tolle Schauspiellehrerin, bis zuletzt pädagogisch hoch engagiert. Zu Gast in einer meiner frühen Seminare verriet sie, was wir historisch beständiger festhalten hätten sollen, dass der Regisseur Brecht gerne und ohne Zögern den Theoretiker Brecht in die Wüste schickte. Selbst nicht reich, verzichtete Regine Lutz am Ende des Seminars auf ihr Honorar zugunsten der Studierenden.
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