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Muss Schweriner Theater Insolvenz beantragen?
Ein Insolvenzverwalter kommt?
Schwerin, 9. November 2011. Wie man heute auf der Webseite des Hamburger Abendblatts und in anderen Zeitungen lesen kann, droht dem Mecklenburgischen Staatstheater Schwerin die alsbaldige Insolvenz.
Heute Abend tagt der Aufsichtsrat der Staatstheater-GmbH. Wichtigster Tagesordnungspunkt sei die wirtschaftliche Situation des Hauses. Dem Haus fehlen aktuell eine Million Euro. Möglicherweise wird das größte Theater des Landes seinen 320 Beschäftigten die Dezember-Gehälter nicht mehr zahlen können. Es könne sein, dass der Aufsichtsrat heute für eine Insolvenz entscheide. In diesem Fall müsste der Geschäftsführende Intendant Joachim Kümmritz binnen dreier Wochen einen Insolvenzantrag stellen. Ab dann entscheide nicht mehr die Politik über das Theater, sondern allein der Insolvenzverwalter nach rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten.
Das Mecklenburgische Staatstheater hat einen Jahresetat von 22 Millionen Euro. Das Land gibt 9,6 Millionen, die Stadt als alleinige Gesellschafterin der Theater-GmbH 6,6 Millionen. Die Eigeneinnahmen, so eine Sprecherin des Theaters, seien mit 4,8 Millionen Euro im bundesweiten Vergleich überdurchschnittlich hoch.
Als Grund für den Finanznotstand gelten vor allem die Personalkosten, die 80 bis 85 Prozent des Theateretats ausmachen und entsprechend den Tarifverträgen steigen. Der Landeszuschuss für alle sechs Theater im Land ist seit 1994 bei 35,8 Millionen Euro jährlich eingefroren. Soforthilfen knüpft die neue SPD/CDU-Landesregierung an die Bereitschaft der einzelnen Theater zu Strukturveränderungen.
Der neue Bildungsminister Mathias Brodkorb (SPD) habe erklärt, am Montag seien dem Theater "Wege aufgezeigt worden", wie die aktuelle Spielzeit finanziell gesichert und "gleichzeitig notwendige strukturelle Veränderungen angegangen werden" könnten.
(Hamburger Abendblatt/ jnm)
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wie und warum kann ein STAATS-Theater zuwenig Geld haben?
@1 Es klingt, als würden Sie dem STAATStheater unterstellen, es hätte doch sowieso zu viel Geld, oder zumindest genügend. Oder habe ich das falsch verstanden?
Auch wenn es in der Meldung schon steht, schreibe ich es gern noch einmal für alle:
Das Problem ist die Institution Staatstheater selbst, die, GmbH hin oder her, 1. den Großteil des Etats im nichtkünstlerischen Bereich bindet und 2. hier mit einem festgefrorenen Etat (seit 1994!! das muss man sich mal vorstellen!) und gleichzeitig steigenden Löhnen und natürlich auch steigenden Materialkosten, Betriebskosten usw. zu kämpfen hat. Das muss dann, weil der nicht-künstlerische Bereich in der Regel (eben z.B. durch Tarifverträge usw) gebunden ist, der künstlerische Bereich auffangen (in Gagen für die Künstler, in der Anzahl der Produktionen, in Etats für Bühne und Kostüm z.B.) und wenn das grad mal 15 % des Budgets sind ist da eben früher oder später ganz schnell das Ende der Fahnenstange erreicht. Das hat leider mit künstlerischer Qualität ersteinmal gar nix zu tun. (Ganz nebenbei gesagt, finde ich wie bruce auch, dass die Schweriner, gerade in dieser kulturell äußerst schwierigen Gegend, zumindest was versucht haben in den letzten Jahren.) Was ich damit sagen will: Schwerin braucht sein Theater unbedingt, Strukturveränderungen dürfen auch dort nicht noch mehr zu Lasten der Kunst gehen. Dazu braucht es an in einem Bundesland wie Mecklenburg-Vorpommern für Kultur nach 17 Jahren unbedingt mehr Geld, auch wenn diese Forderung immer leicht ausgesprochen ist. Und ja, es muss grundsätzlich über die Struktur des Apparates nachgedacht werden, und zwar in seinen Grundfesten. "Notwendige strukturelle Veränderung" können nicht heißen Spartenschließung, Fusion oder Ausstieg aus den Tarifverträgen, sondern muss sich grundsätzlich über das Verhältnis von Trägheit der Institution und Beweglichkeit der Kunst Gedanken machen. Ich wünsche Schwerin dafür kluge Ideen und denen gegenüber aufgeschlossene Kulturpolitiker, Künstler, Theatermitarbeiter und Theaterleiter.