Die Jagdgesellschaft - Akademietheater Wien
Vom Käfer dahingerafft
von Andrea Heinz
Wien, 26. Mai 2021. Wir Waldbäuerinnen wissen: Der Käfer ist ein Hund. Der Borkenkäfer nämlich. Thomas Bernhard, wenn auch kein Waldbauer, sondern Österreich liebster Nestbeschmutzer, wusste das auch. "Die Jagdgesellschaft", eines seiner selten gespielten, ihm selbst gleichwohl liebsten Stücke, handelt von der maximalen Zerstörung, im Menschen drin und um ihn herum: Ein mit Nachdruck als Ungustl markierter (Politiker, Großgrundbesitzer, Jäger, General) und zugleich höchst bemitleidenswerter, da in Stalingrad eines Armes beraubter Mensch, ein Mann, ist unheilbar erkrankt.
antigone. ein requiem – Akademietheater Wien - Lars-Ole Walburgs österreichische Erstaufführung von Thomas Köcks Antigoneüberschreibung
Die große (An)klage
von Andrea Heinz
Wien, 12. September 2020. Man hatte fast ein kleines Déja-vu bei der österreichischen Erstaufführung von Thomas Köcks antigone. ein requiem im Akademietheater: Eine finstere Bühne, der Chor, die Flüchtlinge. Man denkt sofort an Elfriede Jelineks "Die Schutzbefohlenen", die 2015, wenn auch im Burg-, nicht Akademietheater, aufgeführt wurden. Damals war die sogenannte Flüchtlingskrise auf ihrem sogenannten Höhepunkt. Heißt: Sehr viele Menschen waren an Leib und Leben bedroht, versanken in Elend, hatten kein Zuhause mehr – und sehr viele andere Menschen schauten zu oder weg, während sie gleichzeitig von Humanität redeten. Wahrscheinlich hatten sie sogar recht, wahrscheinlich ist nichts menschlicher als das. Nichts ungeheurer als der Mensch.
Schwarzwasser - Akademietheater Wien
Wer ist die Gewalt?
von Theresa Luise Gindlstrasser
Wien, 6. Februar 2020. Schwarzwasser ist Toiletten-Abwasser. Ist eine Vermischung von Gelbwasser (also Urin) und Braunwasser (also Kot). Schwarz war die ÖVP, bevor sie Kurz wurde. Wasser ist das potenziell Privatisierbare, wir bestehen zu soundsoviel Prozent daraus; Wasser ist das Meer, in dem wir baden, "solang es noch eins ohne Leichenbeilage gibt", Wasser ist nicht fest. "Schwarzwasser" heißt der von Robert Borgmann uraufgeführte neue Text von Elfriede Jelinek, eine hyperassoziative Sprachflut, die sich, wieder mal, nur durchwaten lässt, durchsteigen nicht. Inseln des Verstehens: Referenzen auf Ibizagate und "Die Bakchen" von Euripides. Dazu kommen: Schredder-Affäre, die Segnung des Sebastian Kurz in der Wiener Stadthalle, der Begriff des "Opfers" beim Literaturwissenschaftler und Kulturanthropologen René Girard, Polizeigewalt und NSU. Kein stilles Wasser, aber bodenlos viel.
Land in Sicht - Akademietheater Wien
Der Sonnyboy und der Zerknautschte
Von Gabi Hift
Wien, 26. April 2019. "Immer spielt ihr und scherzt? ihr müßt! o Freunde! mir geht dies / In die Seele, denn dies müssen Verzweifelte nur." Dieses Hölderlin-Zitat haben wohl fast alle deutschsprachigen Schauspieler*innen einmal in ihr Notizbuch geschrieben. Und auch Ignaz Kirchner hat es mit seiner kleinen, ordentlichen Schrift in eines eingetragen. 280 Hefte hat er im Lauf seines Lebens vollgeschrieben und mit Bildern beklebt; in vier Kisten verpackt stehen sie nun auf der Bühne des Akademietheaters. Sie bilden die Grundlage des Abends, den Joachim Meyerhoff für den im letzten September verstorbenen Freund ausgerichtet hat.
Regie: Nikolaus Habjan
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