30 Jahre Vereinigung - Warum Ost und West im Theater kaum noch zu unterscheiden sind, beim Lachen aber noch sehr wohl
Tells Leute
30 Jahre Vereinigung - Juliane Kann darüber, wie sich Geschichte wiederholen kann
Ist das Theater gentrifiziert?
von Juliane Kann
8. Oktober 2020. Ich habe sieben Jahre, also lediglich ein Fünftel meines Lebens in der ehemaligen DDR verbracht, und lediglich ein Fünftel meiner Inszenierungen in der ehemaligen DDR erarbeitet. Ausgerechnet meine letzte Arbeit, deren Premiere zwei Tage vor dem 30. Jahrestag der Wiedervereinigung lag, hat im ehemaligen Osten der Bundesrepublik, am Staatstheater Meiningen, stattgefunden und begleitet mich auch nach der Premiere noch nachhaltig.
30 Jahre Vereinigung – Wie "Kabale und Liebe" in Parchim kein Ende fand und damit die Wirren der späten DDR auf den Punkt brachte
Man kann sich nicht herausreden
von Reinhard Göber
7. Oktober 2020. Anklam 1985: Als Student fuhr ich zur Premiere von "Nora" von Henrik Ibsen, Frank Castorf inszenierte, eine seiner besten Inszenierungen bis heute. Eine Initialzündung für mich. Hier in der totalen Provinz, unter schwierigsten materiellen und politischen Arbeitsbedingungen, unter der Aufsicht des dubiosen Intendanten Dr. Wolfgang Bordel (der gerade den Kulturpreis des Landes MV für seine ewige Intendanz bekommen hat), wurde mir klar: Man kann sich nicht herausreden! Grandioses Theater geht unter allen Bedingungen. Auf der Bühne brüllten Nora, die weibliche Dr. Rank und Frau Linde in einer bestimmten existentiellen Situation "Scheiße" und das steigerte sich chorisch und nahm kein Ende; es standen Leute im Publikum auf und brüllten auch "Scheiße". Das war die emotionale Situation für viele Leute in der DDR damals. Castorf hatte das auf den Punkt gebracht.
30 Jahre Vereinigung – Kommt das Theater besser weg als die deutsch-deutsche Entfremdungsgeschichte? Ein Blick von der Ost-Seite
Der Ost-West-Riss
von Thomas Irmer
5. Oktober 2020. Kurz vor dem damals recht willkürlich festgelegten 3. Oktober 1990 als Datum der offiziellen Wiedervereinigung (oder des Beitritts der damit sich auflösenden DDR – schon da fangen ja die Probleme an) brachte Frank Castorf seine "Räuber" an der Berliner Volksbühne zur Premiere. Die FAZ verriss den Abend nach Strich und Faden unter der Überschrift "Das Geheul in der Nische" – Gerhard Stadelmaiers Artikel liest sich auch heute noch aufschlussreich wie ein Wegweiser in die deutsch-deutschen Entfremdungen der neunziger Jahre und darüber hinaus.
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