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Autorenblog: Als Du schliefest
17. Mai 2011. Nach dem anti-naturalistischen Manifest Der Biberpelz nun ein anti-psychologischer Ibsen: Herbert Fritsch erweist sich mit Nora oder ein Puppenhaus als Meister des Formalen und genialer Eklektizist. Im Schnelldurchlauf sampelt er visuelle und literarische Zitate über den Ibsen-Stoff. Kristine Linde und Anwalt Krogstad versinken im Kuss aus "Vom Winde verweht". Finger krümmen sich "Nosferatu"-artig, und auf der glanzpapierfarben ausgeleuchteten Spielfläche wird zombiehaft gelurcht, dass es eine Freude ist. Unterlegt ist das alles mit verzerrt hallender Melodramenmusik, die Suspense à la Hitchcock suggeriert. E. T. A. Hoffmanns Coppelia wackelt puppenhaft über die Szene, und Nora trägt zum Tüllkleidchen der verzogenen Göre das rote Haar von Munchs lüsterner Vampirin. Ihr Geschlecht zieht die Männer magisch an – schwarzes Loch, "Vagina dentata".
Redaktionsblog: Habe ich Großes verschlafen?
17. Mai 2011. Nora aus Oberhausen, gestern. Sehr fein das wieder. Erstaunlich, wenn man es gegen den Schweriner Biberpelz hält. Dort eine erdige, rohe, slapstickkomische dann eben doch Sozialästhetik, wenn auch aus dem Kaschperletheater mit Pritsche und Krokodil. Hier eine Unsere-Leichen-reiten-wieder-Spieluhr-Ästhetik, bei der man glaubte, Achim Freyers "Woyzeck", der vor gefühlten hundert Jahren auf dem Theatertreffen gastierte, und bei dem Martin Schwab als Woyzeck possierlich auf einer schräg gestellten Spieluhr-Oberfläche agierte, seien irgendwie die Federn durchgeknallt und die Figuren begönnen im mechanischen Endkampf zu rasen.
Jung und saunafest
13. Mai 2011. Das Kind ist irritiert. "Mama, was ist am Fasanenplatz los, da sind plötzlich so viele alte Leute?" Das Kind ist achtzehn Jahre alt und wohnt um die Ecke. Weswegen es der Weg zur U-Bahn oft am Haus der Berliner Festspiele in der Schaperstrasse vorbeiführt. Die Mutter kann erklären. Nein, es ist nicht die Jahresversammlung der Grauen Panther, die dort gerade stattfindet. Es ist das Theatertreffen. Plätze sind teuer, eher was für Gutsituierte. Und die sind meist schon älter. Naturgemäß. Später dann stehen die Älteren schweißgebadet auf dem Vorplatz. Es ist Pause. Gegeben wird Schillers Don Carlos. Mit Burghart Klaußner, aber ohne Klimaanlage. Weshalb sich der Theatersaal bereits während des 1. Akts in eine Sauna verwandelt hat. Mancher ist schon blaß, dagegen kann auch die Kunst nichts ausrichten. Jung müsste man jetzt sein.
(sle)
Teppich und Tusch II: Der fliegende König
13. Mai 2011. Kann sein, dass Filmschauspieler hier einfach im Vorteil sind. Und mit Burghart Klaußner, der in Roger Vontobels Don Carlos den Philipp spielt, lief gestern natürlich auch ein besonders Teppich-erfahrener, sogar Oscar-Verleihungs-geprüfter Mann zur TT-Ehrung auf. Und wie er lief! Den Oberkörper leicht nach vorn geneigt, mit verschmitzter Miene preschte er im Laufschritt vor und hatte im Nu die ganze Teppichlänge erstürmt. Als Begleitmusik für derart spontane Mini-Performances macht die neue tt-Fanfare dann fast schon wieder Spaß.
(ape)
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