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Drohende Schließung von Sparten in Rostock
Dämpfer zur Unzeit
Rostock, 15./17. September 2014. Kurz vor dem Auftaktspektakel zum Intendanzstart von Sewan Latchinian am Volkstheater Rostock (VTR) am kommenden Wochenende setzen Kommunal- und Landespolitik das Theater unter Druck:
1.) OB lehnt Haustarifvertrag mit Orchestermusikern ab
Oberbürgermeister Roland Methling hat sich gegen den von Theaterseite mit der
Orchestergewerkschaft (DOV) in Verhandlung stehenden Haustarifvertrag (Lohnverzicht von 11,7 Millionen zwischen 2012 und 2020 – die Musiker würden auf etwa ein Drittel ihres Einkommens verzichten) ausgesprochen, mit dem Argument, dieser sei "ungerecht für die Betroffenen" und schreibe aus Sicht der Politik Strukturen fest, die offenbar zur Debatte stehen. Es hieß, die 72 Orchestermusiker würden daraufhin eventuell den Saisonauftakt bestreiken, um die Sicherheit ihrer Arbeitsplätze einzufordern. Orchesterdirektor Hans-Michael Westphal dementiert allerdings dahingehende Pläne. Für Mittwoch (17.9.2014) ist eine Sondersitzung des Theater-Aufsichtsrates geplant, bei der über den Haustarifvertrag für die Orchestermusiker entschieden werden soll.
2.) OB fordert Zielvereinbarung: Spartenschließung und Fördersummen-Deckelung
Desweiteren fordert Methling eine schnelle Zielvereinbarung noch im November 2014, die voraussichtlich eine Schließung der Sparten Oper und Tanz und das Einfrieren der Fördersumme für das Theater auf "maximal" 16,6 Millionen beinhalten soll (das entspricht dem aktuellen Niveau). Diese müsste von der Bürgerschaft abgesegnet werden. Latchinian sieht darin einen Wortbruch des OBs, der ihm "hinter verschlossenen Türen" zugesichert habe, dass er zunächst zwei Jahre Zeit bekomme, bevor über eine derartige Spartenschließung entschieden würde. Methling wiederum behauptet, man sei sich einig gewesen, "dass dauerhaft nur ein Zwei-Sparten-Theater mit dem Schwerpunkt Schauspiel überlebensfähig sein kann".
Die Zielvereinbarung wurde vom Hauptausschuss am 17. September in zweiter Fassung vorgelegt. In ihr ist jedoch nicht der Landeszuschuss von 2014, sondern der niedrigere von 2013 die Berechnungsgrundlage. Laut Volkstheater-Geschäftsführer Stefan Rosinski würde das 300.000 Euro weniger bedeuten. Den kompletten Wortlaut der Zielvereinbarung gibt es hier.
3.) Kulturminister droht mit Kürzung der Landeszuschüsse
Auch der Mecklenburg-Vorpommersche Kultusminister Mathias Brodkorb besteht auf einer Einigung im November und droht damit, dem Theater andernfalls die Landeszuschüsse zu kürzen (um vermutlich 500.000 Euro).
Protest der Gewerkschaften
Rostock, 16. September 2014. Auf diese Situation haben nun die für das künstlerische Personal (außer Musikern) zuständigen Gewerkschaften GDBA und VdO reagiert. Am Montag kündigten sie in einem Schreiben an die Volkstheater-Geschäftsführung und den Deutschen Bühnenverein die Vergütungsregelungen für die unter NV Bühne fallenden Beschäftigten zum 30.11.2014 und erklärten die Friedenspflicht also für beendet. Damit könnte von Seiten der Schauspieler, Tänzer und Chormitglieder ab Anfang Dezember gestreikt werden; vor dieser Frist bestünde schon die Möglichkeit von Solidaritätsstreiks mit den Orchestermusikern.
Mit der Kündigung soll einerseits, wie GDBA-Präsident Jörg Löwer gegenüber nachtkritik.de ausführte, Druck auf den OB Methling ausgeübt werden, die Änderungen nicht wie geplant umzusetzen. Andererseits werden Latchinian und sein Käufmännischer Leiter Stefan Rosinski in die Pflicht genommen, mit den Gewerkschaften GDBA und VdO "umgehend in Verhandlungen zum Abschluss eines Haustarifvertrages (...) einzutreten". Rosinski sagte nachtkritik.de, dass die Verhandlungen mit den Musikern deswegen Vorrang hatten, weil eine hier erzielte Einigung die Grundlage für alle weiteren Schritte sei.
Am Dienstag hat auch die Gewerkschaft Ver.di, die am Theater die Techniker und Mitarbeiter der Werkstätten vertritt, OB Methling aufgefordert, gemeinsam mit der Theaterleitung, dem Betriebsrat sowie den beteiligten Gewerkschaften "an einer mittel- und langfristigen Konzeption zu arbeiten und diese gegenüber der Landesregierung zu vertreten." Beklagt wird auch, dass das VTR seit 2012 nicht mehr an den Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst gebunden sei und die entsprechen Beschäftigten, aber auch die KünstlerInnen derzeit keinerlei Lohnerhöhung erhielten. Hintergrund ist zudem, dass auch die Techniker und Werkstätten-Mitarbeiter bei einer Spartenschließung vom Stellenabbau betroffen wären. Auch das Land Mecklenburg-Vorpommern sieht Ver.di in der Pflicht, "die Theater im Land politisch und durch höhere Zuwendungen zu unterstützen."
(Ostsee-Zeitung / Norddeutsche Neueste Nachrichten / GDBA / VdO / ver.di / ape / sik)
Mehr zur Rostocker Lage auch in der Presseschau vom 15. September 2014 sowie hier:
Presseschau vom 6. September 2014 – Über die Zielvereinbarung für das Volkstheater
Presseschau vom 25. August 2014 – Gespräch mit dem VT-Geschäftsführer Stefan Rosinski
Meldung vom 6. Mai 2014 – Kahlschlagpläne gefährden die Existenz des Volkstheaters
Meldung vom 11. April 2014 – Zwei neue Sparten am Volkstheater Rostock
Videoaufzeichnung des Podiumsgesprächs "Was darf die Kunst kosten?" vom 6. Februar 2014
Rostocker Signal – Statement anlässlich des Bühnenverein-Austritts des Volkstheaters
Meldung vom 22. Januar 2014: Stellungnahme des Bühnenvereins zum Austritt Latchinians
Meldung vom 20. Januar 2014: Intendant Sewan Latchinian legt Bühnenvereins-Ämter nieder
Meldung vom 5. Dezember 2013: Volkstheater Rostock verlässt den Deutschen Bühnenverein
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http://www.das-ist-rostock.de/artikel/44493_2011-07-31_viel-spass-in-rostock-stefan-rosinski/
Sorry, aber da habe ich viel mehr Verständnis und Bewunderung für Latchinian als für seinen Dienstherren.
Andererseits muss man auch feststellen, dass die Ursache der jetzigen, fatalen und bedrohlichen Situation für das Volkstheater keineswegs darin liegt, dass ein Intendant 6 Sparten gefordert hat. Es ist absurd zu behaupten, Latchinian hätte mit seinen Äußerungen dazu beigetragen das Volkstheater zu verkleinern!
Die Ursache liegt bei einer Landespolitik, die die Mittel für Orchester und Theater viele Jahre nicht erhöht hat und nun sogar noch verringern will. Die politische Entscheidung, in Schwerin ein 4-Sparten-Haus zu erhalten, während in der größeren, wachsenden Stadt Rostock (mit dem wesentlich besseren Haushalt!) auf 2 Sparten verzichtet werden soll, ist alles, aber nicht vernünftig. Herr Latchinian engagiert sich sehr, das Haus vor einer derartigen Beschneidung zu bewahren.
(Anm. der Redaktion: Von den oben erwähnten Gehaltsforderungen war Latchinian im April 2013 wieder abgerückt, siehe u.a. hier: http://www.das-ist-rostock.de/artikel/49083_2013-04-24_sewan-latchinian-will-vier-sparten-erhalten/)
http://service.mvnet.de/_php/download.php?datei_id=131121