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Sogenannte Theaterreform im Nordosten kommt voran
Abgepresst
17. Dezember 2015. Die Fusion der Theater- und Orchester Gesellschaft Neustrelitz / Neubrandenburg (TOG) mit dem Theater Vorpommern zu einem Staatstheater Nordost ist beschlossen. Das berichtet der NDR auf seiner Website.
Auch das Mecklenburgische Staatstheater Schwerin ist im letzten Moment durch die Auszahlung einer Soforthilfe seitens des Landes vor der Insolvenz bewahrt worden. Jetzt soll die Fusion des Schweriner Theaters mit dem 45 Fahrkilometer entfernten Landestheater Parchim zügig vonstatten gehen.
Bedingungen
Sowohl die Städte Neubrandenburg und Neustrelitz als auch der Kreis Mecklenburgische Seenplatte hätten am Donnerstag einer "Zielvereinbarung" mit dem Kultusministerium Mecklenburg-Vorpommern zur Gründung eines Staatstheaters Nordost zugestimmt. Allerdings hätten die Gremien der drei Gesellschafter in Neustrelitz / Neubrandenburg Bedingungen gestellt. Dazu gehöre, schreibt NDR.de, beispielsweise der Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen und der Erhalt der Tanzkompanie in Neustrelitz. Auch die Gesellschafter des Theaters Vorpommern hätten Forderungen festgeschrieben. Jetzt müssten "alle beteiligten" zusammen Lösungen finden.
Erpressung
Für Unmut hatte im Vorfeld das Kultusministerium gesorgt, dass, um seine Forderung nach Zustimmung zu der Zielvereinbarung durchzusetzen, mit der Kürzung der finanziellen Unterstützung der Theater gedroht hatte. Zugleich streikten, laut einer Presseaussendung am Donnerstag die Mitglieder von GDBA und VdO der Theater und Orchester GmbH Neubrandenburg / Neustrelitz bereits zum vierten Mal. Die Beschäftigten fordern vom Deutschen Bühnenverein umgehend in Verhandlungen zum Abschluss eines Haustarifvertrages einzutreten. Die künstlerisch Beschäftigten verdienen nach diversen Haustarifveträgen bis 2012 derzeit im Vergleich zum gültigen Tarifvertrag 12 Prozent weniger.
Insolvenz?
Auch die drohende Insolvenz des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin ist abgewendet. Am Donnerstag habe, schreibt der NDR auf seiner Website, Kultusminister Mathias Brodkorb (SPD) erklärt, das Land werde dem Staatstheater unverzüglich eine Soforthilfe von 1,2 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Angekündigt waren ursprünglich 1,5 Millionen Euro. Es sei gelungen, habe Brodkorb erklärt, durch Verhandlungen mit der Stadt Schwerin und dem Mecklenburgischen Staatstheater den "zusätzlichen Finanzbedarf um 300.000 Euro zu senken".
Berechnungsgrundlagen
Vor einer Woche hatte Kultusminister Brodkorb die Auszahlung der ursprünglich zugesagten 1,5 Millionen Euro gestoppt. Grund war ein Streit zwischen Land und Stadt über den künftigen Finanzbedarf des größten Theaters im Land. Das Staatstheater soll mit dem Landestheater Parchim fusionieren. Bis 2020 - so die Berechnungen der Stadt Schwerin - benötige das Theater 5,5 Millionen Euro, die vom Land getragen werden sollen. Das Land ging aber nur von drei Millionen Euro aus. Die Differenz erklärt sich, laut Theater, aus der fehlerhaften Analyse der Beraterfirma metrum die in einer Zukunftsprojektion für die Theater im Bundesland einen zu geringen Finanzbedarf für das Schweriner Theater zugrunde gelegt hatte.
Keine Benachteiligung Ost
Angesichts der Soforthilfe für das Schweriner Theater, erklärten MinisterMatthias Brodkorb und Schwerins Obrbürgermeiesterin Angelika Gramkow (Die Linke), die Theater im Ostteil Mecklenburg-Vorpommerns würden nicht benachteiligt,. Das Theater Vorpommern, die Theater- und Orchestergesellschaft Neubrandenburg/Neustrelitz und das Anklamer Theater sollen vom Land Soforthilfen bis zur Höhe der insgesamt angeforderten Summe von rund 900.000 Euro erhalten, habe, so schreibt NDR.de, Brodkorb erklärt; die einzelnen Anträge würden geprüft.
(NDR.de / jnm)
Mehr zu:
Meldung, 18. Juni 2014: Mecklenburg-Vorpommerns Kulturminister will Theater zusammenlegen
Meldung, 13. Dezember 2014: Fusion: "Staatstheater Nordost" in Mecklenburg-Vorpommern
Meldung, 25. März 2015: Weiter Proteste gegen Staatstheater Nordost
Meldung, 21. November 2015: Theaterfusion Schwerin-Parchim auf der Kippe
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Meines Wissens doch Neubrandenburg/Neustrelitz mit Greifswald/Stralsund und Anklam; und unabhängig davon Schwerin mit Parchim. Ist das so?
(Danke an Nachtkritik für die Aufklärung)
Dann bliebe Rostock das einzige selbständige Theater, mit Schwerin und dem Theater Nordost. Aus 8 mach 3.
Wenn man bedenkt, wie Fusionen verlaufen, dass immer ein Standort geschwächt und mittelfristig geopfert werden muss (meist aus finanziellen Gründen) sollte sich niemand über diese Lösung freuen.
Jedes Theater das singulär erhalten bleibt ist ein Gewinn für eine Kulturlandschaft, jede Fusion ist ein Verlust.
Und dass Metrum sich verrechnet hat (um ganze 2 Mio) verwundert nicht. Wie sollte eine Beratungsfirma ohne Kenntnis von Theaterabläufen auch zu guten Schlussfolgerungen kommen. Mit diesem Modell, an dem Metrum, aber auch die gefügigen Intendanten eine große Portion Schuld haben, wird MVP das Bundesland mit der am schlechtesten ausgestatteten Theaterstruktur.
Vielleicht lesen Sie einfach die Meldung noch einmal? Ich denke schon, dass man sich hindurch finden kann ohne größere Mühe, zumal wenn man, wie Sie, bereits Vorkenntnisse in der Angelegenheit besitzt.
Ja, klar, Neustrelitz, das vor rund 15 Jahren mit Neubrandenburg fusionieren musste, soll nun mit den bereits zum Theater Vorpommern fusionierten Häusern in Greifswald, Stralsund und Putbus zum Staatstheater Nordost zusammengeschlossen werden. Das geschieht im Osten von Mecklenburg-Vorpommern, wie der Name Nordost nahe legt.
Im mecklenburgischen Westen existiert bereits ein Staatstheater wie es der Name Mecklenburgisches Staatstheater Schwerin auch ausdrückt. Dieses soll nun wieder einmal, wie seit 25 Jahren immer wieder, mit dem Landestheater Parchim zusammengespannt werden.
Dann gibt es noch das Haus in Rostock, ja. Aber ich habe nicht über das gesamte Mecklenburg-Vorpommern und die gesamten Pläne des Ministeriums geschrieben in einer Meldung (wie Peymann bei Thomas Bernhardt den gesamten Shakespeare an einem Abend machen will), sondern nur über die beiden aktuellen "Hotspots".
Mit freundlichem Gruß
Also ich muß Ihnen da total widersprechen. Das Rostocker Volkstheater ist in jeder Hinsicht das zur Zeit spannendste Haus in MV. In der Oper, dem Tanztheater, dem Schauspiel und auch beim Orchester gibt es einen nicht mehr für möglich gehaltenen künstlerischen Aufschwung. Auch inhaltlich hat sich das Haus anspruchsvoller und gesellschaftlich ernsthafter positioniert. Klar, dass da auch Zuschauer aus der Leonard- trallalla- Zeit wegbleiben. Neue kommen aber auch. Und engagieren sich und demonstrieren sogar in so lange nicht gekanntem Ausmaß für alle Sparten und den Intendanten. Das Publikum honoriert also durchaus.Auch überregional ist Theaterrostock kein weißer Fleck mehr. Das merkt man doch auch an der Berichtsdichte hier auf nachtkritik und den vielfältigen Debatten.
Zum dritten Mal in Folge ein positives Jahresergebnis, eine Rücklage von fast 1 Million und k e i n zusätzlicher Nachschußbedarf wie bei allen anderen MV- Theatern, drückt ebenfalls einen Aufwärtstrend aus.
Und wollen Sie allen Ernstes kritisieren, dass das VTR sich 2015 gegen die Abschaffung von Chor, Tanzsparte und Oper vehement wehrt, wonach ein Neubau sinnlos wäre, der frühestens 2023 realistisch ist?
Dafür können aber der Intendant und seine Mitarbeiter nichts, die machen das doch gut! Aber offensichtlich haben sie keine Chance, es ist einfach nur traurig, was da gerade passiert! Unterstützung statt unproduktiver Kritik wäre angebracht, gerade hier auf Nachtkritik.
http://nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=11193:presseschau-vom-3-juli-2015-zuschauer-rueckgang-am-volkstheater-rostock&catid=242:presseschau&Itemid=62
Ich glaube nicht, das Sie dem Rostocker Theater einen großen Gefallen tun mit ihren Behauptungen: "In jeder Hinsicht, das spannenste Haus in MV" Woher wissen Sie das? Haben Sie genug andere Inszenierungen gesehen? Wie können gerade Sie das bewerten? Diese Superlativen sind meist nicht glaubhaft. Ist die öffentliche Wahrnehmung, die Sie so würdigen, nicht hauptsächlich aufgrund kulturpolitischer Kämpfe und weniger durch künsterischen Aufschwung? Und sollte man gerade deswegen dem Theater nicht endlich Ruhe für seine Arbeit wünschen? Und auch ihre Behauptung: "Die Zuschauer gehen auf die Straße" wirkt seltsam. Das sind die Mitarbeiter des Hauses, und das ist doch auch normal. Es ist einfach nicht nett, wenn Sie - um den neuen Intendanten zu verteidigen (eigentlich braucht er das auch gar nicht) - einen anderen Intendanten klein machen, Herr Leonard hatte auch sein Publikum, das Sie gleich noch mit abwerten.
Bei den Fakten zu bleiben, weniger Behauptungen und etwas mehr Fairness würde allen gut tun.
Es sind eben doch die Zuschauer, welche für ihr Haus in Rostock demonstrieren. Ein Haus, welches permanent schlecht geredet wird. Zuschauerinnen, Zuschauer...seit fünf Wochen halten sie Sturmwache für ihr Theater. Nur Einer von uns will es kastrieren. Hinzu kommen zur Selbstkritik unfähige junge Männer, welche zwar rechnen können, von Theater aber keine Ahnung haben. Das wird der Stadt, dem Land Schaden zufügen. Das ist "nicht nett". Ein Oberbürgermeister und ein Ministerpräsident müssen das verhindern. Aber wie? Sind sie doch die Väter dieser Posse!
Und ja, es ist wie "Name" sagt, ich will, dass es bleibt, wie es ist. Diese Konstanz ist die Voraussetzung für Änderung. Bei all dem, was hier Gestaltung tituliert wird, bleibt Zerstörung übrig. Das ist weniger als übrig bleibt, wenn Konstanz die Badis ist. Das spricht schlicht für Konstanz. Das ist logisch. Das ist nicht politisch.
Politisch würde es, nämlich kulturpolitisch, wenn aus der (kulturpolitischen, mit demokratischer Mehrheit gefundenen) Definition von Inhalten unseres oder eines Stadttheaters neue Strukturen abgeleitet werden könnten.
Hier wird eine Summe X definiert, Strukturen werden erdacht, nun müssen die Inhalte zurechtgeschnibbelt werden.
Sehr konkret beweisen die beiden Geschäftsführer, dass es so nur geht, wenn Arbeitsplätze, künstlerische Inhalte, Qualität und Quantität zur Disposition gestellt werden. Um dem Vorwurf des Allgemeinblubberns entgegenzutreten... der Bildungsauftrag des, hier Volkstheaters Rostock, wird nicht mehr erfüllbar sein. Theaterpädagogik adé, Weihnachtsmärchen adé und nach neuesten Äußerungen des mäxhtigsten Menschen in unserer Stadt, adé an die selbst produzierten Klassiker deutschen Schauspiels... Dagegen sieht mein Bewahren, Behalten wollen aus, wie ein Sonnenaufgang.
Name, da können Sie aber sicher sein. Und zwar sowas von...
Da Sie offensichtlich sehr großen Sachverstand haben... Wie würden Sie die Frage nach neuen Strukturen beantworten? Vom Paradigma Geld ausgehend oder von dem eines intakten Wertehimmels; damit meine ich natürlich dessen irdische Reflexion in Inhalten... Also Name, welcher Weg wäre der Ihre?
danke für die antwort. es ist erschütternd, wie in einem land mit solchen theaterpotentialen durch fusionieren so viel kaputt gemacht wird.
und rostock ist mitnichten das effizienteste theater im bundesland, wie hier in einigen beiträgen angemutet wird, die einspielquote (die einnahmen bezogen auf das gesamtbudget) ist mit 11,7 % am unteren ende der skala der deutschen theater, die zahl der zuschauer mit 109.000 liegt deutlich unter den zahlen in den neunzigern (ca. 130.000).
dass herr rosinski als der intendant wieder bestellt, die kündigung rückgängig gemacht wurde, nach kaum zwei jahren nach halle ging, hat nicht zu einem besseren beigetragen. theater in solchen krisensituationen brauchen kaufmännische kontinuität.
allerdings sieht es auch in schwerin nicht besser aus, nachdem der kommende intendant sofort einer kürzung der mittel zugestimmt hat. ich frage mich, wo die kerle sind, die genug hosen anhaben, um ihre etats bei der politik durchzusetzen.
beste grüße, perennes (mein vorname, ich bin eine frau).
Bühne oder in den Konzertsaal. Die Fahrerei, die mit der Fusion im Nordosten zum Alltag werden wird, erinnert an die Wanderbühnen im 18. und 19. Jahrhundert. Vorwärts in die Vergangenheit oder rückwärts in die Zukunft.
Wie immer liegt der Teufel in teuren Details versteckt: Es muss ein großer Fuhrpark angeschafft werden (Busse für die Ensembles, LKW's für den Transport der Dekorationen), was nicht nur viel am Anfang kostet, sondern langfristig durch das Betreiben dieses Fuhrparks. Die Fahrzeiten werden die Probenzeiten einschränken, was wiederum Auswirkungen auf die Anzahl der Inszenierungen haben wird. Woher ich das alles weiß? Ich war etliche Jahre am Schleswig-Holsteinischen Landestheater engagiert mit den drei Standorten Flensburg, Schleswig und Rendsburg sowie weiteren Orten wie Heide, Husum oder Neumünster. Nicht unerwähnt soll bleiben, dass die Fahrerei die
Betroffenen schlaucht, sie zusätzlich anstrengt und stresst.
Und noch einmal zur Erinnerung: Bei den 35,8 Millionen des Landes M-V für die Theater handelt es sich um 2,3 % des Etats des Ministeriums von Herrn Brodkorb und um 0,48% des gesamten Landeshaushaltes. Zum Vergleich: 2014 kostete der Landtag die Steuerzahler 39 Millionen Euro, die Staatskanzlei 13 Millionen. Bei diesen Kosten gibt es keine Diskussionen oder gar Versuche zur Reduktion.
Der Thespiskarren schein in M-V nun endgültig auf einen Irrweg geschoben zu werden. Wenn in wenigen Jahren klar wird, wie falsch die Entscheidungen waren, werden Brodkorb und Co. wahrscheinlich nicht mehr im Amt sein, ihre Pensionen genießen und alle Verantwortung weit von sich weisen bzw. dreist behaupten, man hätte es so nicht voraussehen können.