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Undotierter Candide-Preis an Peter Handke

Preis ohne Preisgeld

22. September 2011. Am 30. Oktober soll der österreichische Schriftsteller Peter Handke in Minden mit dem Candide-Preis ausgezeichnet werden - der eigentlich mit 15.000 Euro dotiert ist. Alleinstifter des Preisgelds ist seit diesem Jahr die Firma Kolbus, die Buchbindemaschinen produziert.

Deren Geschäftsführer Kai Büntemeyer ist jedoch nicht einverstanden mit der Entscheidung der Jury für Handke. Handkes Sympathien für den Serbenführer Milosevic könnten sich schädlich auf die internationalen Geschäftsbeziehungen der Firma Kolbus auswirken - mit diesem Argument, so Jurymitglied Gerd Voswinkel, habe Büntemeyer den Schritt des Unternehmens begründet, das Preisgeld zurückzuziehen. Unklar ist nun, ob Kolbus, wie bislang vorgesehen, auch in den nächsten Jahren Alleinsponsor des Candide-Preises bleibt. Das Unternehmen hat noch keine offizielle Stellungnahme abgegeben.

Das Angebot von Jurorin Franziska Augstein, das Preisgeld einmalig aus ihrem Privatvermögen zu sponsern, lehnte Handke dankend ab. Den Preis nehme er an, zur symbolischen Verleihung am 30. Oktober werde er allerdings nicht anreisen, ließ er verlauten.

Eine ähnliche Debatte entzündete sich bereits 2006 um die Vergabe des ersten Heinrich-Heine-Preises der Stadt Düsseldorf an Handke. Nach einem längeren Streit zwischen Jury und Stadtvätern verzichtete der Autor damals schließlich ganz auf den (mit 50.000 Euro dotierten) Preis.

(Süddeutsche Zeitung/sd)

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Kommentare  
Handke und der Candide-Preis: demokratische Alternative
Als sich die "Stadtväter" einmischten, gab es zu Recht heftigen Protest. Wird der nun auch zu hören sein, wenn ein Buchbindenmaschinist eine Jury bevormunden will? Wann wird ist endlich Schluss mit der Lüge, Sponsoren, Stifter und Mäzene aus der Wirtschaft würden keinen Einfluss nehmen auf die Vergabe ihrer Gelder? Da das einfach - jedenfalls pauschal - nicht stimmt, bleibt nur eine demokratische Alternative: ihnen das Geld über Steuern abzuknöpfen und es der Kunst und den Künstlern direkt zukommen zu lassen. Was auch immer man von Handke halten mag: Es ist nicht Sache irgendeines Stifters darüber zu befinden, an wen sein Preisgeld vergeben wird.
Candide-Preis-Schlamassel: werden in China nur Dissidentenromane gebunden mit Kolbus-Maschinen?
Es ist schon kurios, wie sich Wirtschaft, Politik und konservative Presse immer wieder an ihrem Lieblingsfeinbild Peter Handke abarbeiten. Preisgelder nur an politisch korrekte und genehme Künstler, was für ein Bild der bürgerlichen Gesellschaft. Schreibt die Firma Kolbus demnächst auch noch vor, dass mit ihren Maschinen keine Handke-Bücher mehr gebunden werden dürfen, wäre das denn nicht vielleicht auch geschäftsschädigend? Der Absatz muss schließlich stimmen, man liefert ja in die ganze Welt. Was wird denn in China auf den Maschinen so gedruckt? Dissidentenromane oder das Parteiprogramm, wen juckt das in Deutschland, wenn da ein Sack Reis umfällt? Aber man kann ja zum Glück auch Handke bashen, fürs politisch korrekte Gewissen.
Candide-Preis-Schlamassel: Vorschlag
Die Verlage Suhrkamp & Jung+ Junge sollten sich bei Herrn Büntemeyer bedanken, und da dieser Hinterwaeldler wohl gefeuert werden wird, ihm 10% des extra Verkaufs des von seinem Eklat
Eingebrachten gönnen!
http://handke-magazin.blogspot.com/2010/06/handke-magazine-is-over-arching-site.html
Candide-Preis-Schlamassel: Image-Künstler
P.Handke war von Anfang an eine Figur nicht nur des literarischen Lebens, sondern auch des bundesdeutschen Showbusiness.
Stärker als Handkes literarische Leistung wirkte sein Image:
Die Faszination, die er Ende der sechziger Jahre ausübte, ähnelte jener, die von Schlagersängern und manchen Filmschauspielern, von Covergirls und Fotomodellen ausgeht. Er war in erster Linie das Resultat einer permanenten und außergewöhnlich intensiven Selbstpräsentation.
Candide-Preis-Schlamassel: wofür gibt's den Candide-Preis?
Kurze Frage:
Dass Handke zu den Autoren gehört, die mir den Deutschunterricht in der Oberstufe verleidet haben, ist die eine Sache. Wahrscheinlich muss man Literaturwissenschaft studiert haben, um mit dem Typen etwas anfangen zu können.
Die andere Sache ist die, dass mir überhaupt nicht klar ist, für welche Leistungen der Candide-Preis überhaupt verliehen wird. Wer oder was wird da eigentlich prämiert? Es wäre schön, wenn die Berichterstattung diesbezüglich endlich einmal Klarheit schaffen könnte. Ansonsten kann ich den gesamten Sachverhalt überhaupt nicht einschätzen.
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