Die Lange Nacht der Autoren - Abschluss der Autorentheatertage 2017 am Deutschen Theater Berlin
Aprikose auf der Hose
von Gabi Hift
23. Juni 2017. Frauen: 100 %, Männer: 0% – so siehts aus bei den Siegerinnen des diesjährigen Autorenwettbewerbs am Deutschen Theater. GUT SO! Und war nicht einmal absichtliche Bevorzugung. Die Kulturjournalistin Anke Dürr, die mit dem Regisseur Jan Ole Gerster und der Schauspielerin Annette Paulmann die Jury bildete, dachte Sivan Ben Yishai wäre ein Mann. Alle drei Autorinnen haben nämlich auch noch fremdländische Namen. Sivan Ben Yishai kommt aus Israel, Afsahne Ehsander aus dem Iran und Yade Yasemin Önder immerhin aus einer türkischen Familie – migriert ist sie allerdings nur von Wiesbaden bis ans Leipziger Literaturinstitut.
Die Stücke von Afsane Ehsandar und von Sivan Ben Yishai sprechen beide von derselben Situation: von Geflüchteten, deren Lebensgeschichte zerrissen wurde, die schreckliche Dinge erlebt haben – und die nun im Gastland eine konsistente Geschichte erzählen müssen um durchzukommen. Keines der beiden Stücke hat einen dramatischen Bogen, es sind Selbstbefragungen, beide mit starker, eigener Sprache.
In Ehsandars "Welches Jahr haben wir gerade?" telefoniert eine Frau mit ihrem Mann, von dem sie auf der Flucht getrennt wurde. Sie muss am nächsten Tagen zur Anhörung wegen ihres Asylantrags. Er sitzt in einem Auffanglager in Griechenland. Während er mit ihr übt, was sie sagen soll, verliert sie zunehmend die Orientierung, sie weiß nicht mehr, welche Geschichten sie erlebt hat, welche nur gehört und welche aus ihren Alpträumen kommen.
Melanie Huber hat das Stück als Koproduktion mit dem Schauspielhaus Zürich inszeniert. Ihr Zugriff ist behutsam und musikalisch. Sie hat dem Text drei Elemente hinzugefügt. Das erste: Die Frau wird von zwei Schauspielerinnen gespielt. Das funktioniert unglaublich gut. Sarah Gailer und Sarah Hostettler bleiben beide ganz bei sich und schaffen es doch, sich den Text so anzuverwandeln, dass man fühlt, dass sie ein und dieselbe Frau sind, die sich selbst ins Wort fällt, in der es immer diese Unsicherheit gibt, welche der Stimmen in ihrem Inneren denn nun die Wahrheit sagt. Es ist eine sehr schöne Art, diese gespaltene Figur fühlbar zu machen und von den beiden Darstellerinnen exzellent umgesetzt.
Der Mann, Nicolas Rosat, ist ebenfalls sehr glaubwürdig. Man fühlt den Druck unter dem er steht, er muss seine Frau dazu bringen, das Abgesprochene vor der Kommission zu sagen – er versucht vorsichtig, ihr die Ungereimtheiten auszutreiben. Mal versucht er, sie zu beruhigen, mal nimmt er es persönlich. Sie hat ein Kind abgetrieben ohne ihn zu fragen. Das macht ihn wütend, aber er will sie auch trösten und verstehen.
Singen und flicken
Die zweite schöne Idee ist, dass die beiden Frauen gemeinsam singen, wenn es um schöne Erinnerungen geht, in die die Frau mit ihrem anderen Selbst einstimmen kann. Manchmal singt auch der Mann mit. Es sind schräge, anrührende Melodien, komponiert von Martin von Allmen, alle drei singen wunderbar, Sarah Hostettlers Stimme ist besonders faszinierend.
Die dritte Idee: Melanie Huber lässt die Frau während der ganzen Zeit einen Fahrradreifen flicken – offensichtlich deshalb, damit die Schauspielerinnen irgendwas "zu tun haben", das stört nicht, ist aber auch nicht gerade zwingend.
Die ganze Vorstellung ist sehr ruhig, fast wie eine Meditation über die Lage dieser Frau, deren Gewissheiten zerfallen, der niemand mehr ihre Geschichten glaubt, nicht einmal sie selbst. Auf diese Ruhe muss man sich einlassen (wollen). Es ist zu spüren, dass manche Zuschauer*innen es lieben, andere werden unruhig. Insgesamt ist es eine schöne, geschlossene Arbeit, man spürt eine große Harmonie zwischen den Darstellern, ein gemeinsames Erzählen und Befragen des Textes.
Es rappelt im Karton
"Kartonage" von Yade Yasemin Önder ist die Komödieneinlage zwischen den beiden ernsten Stücken, steckt dazwischen wie ein Fleischlaberl im Sandwich, zündet aber leider nicht so richtig. Das tut einem total leid, es ist nämlich mehrmals knapp davor, die Lacher werden mehr und kehliger, die Schauspieler schneller und wüster und man denkt: ja, ja, – noch ein bissl! Noch! Noch! – und dann fällt‘s wieder runter.
Das Stück steht in der Tradition von Werner Schwab und Ewald Palmetshofer – mit einem guten Schuss Beckett. Herr Werner lebt mit seiner Frau, von ihm "Wernerzwei" genannt, in einem Karton, aus dem sie schon zwanzig Jahre nicht herausgekommen sind. Sie kocht den ganzen Tag Marillenmarmelade und piesackt – bis auf einmal die totgeglaubte Tochter Rosalie von oben in die Küche hineinfällt.
Das Stück ist vorhersehbar. Man weiß gleich, dass es in einer Metzelei enden muss. Macht eigentlich nichts, es ist ja ein Genrestück, eine klassische Kleinbürgerfamiliensplattergroteske, hier in der Variante mit exzessiven Lebensmittelekelsauereien. Als Fan des Genres wünscht man sich aber, der talentierte Regisseur Franz-Xaver Mayr hätte mehr und ekliger auf die Kacke gehauen.
Angriff auf die ersten Reihen
An den Schauspielern liegt es nicht. Alle drei sind wunderbar, besonders Petra Morzé als Mördermutti ist in Höchstform. Bei der Marillenmarmeladensauerei steigert sie sichin ein total enthemmtes Furioso. Dass das weit über das Geprobte hinausgeht, erkennt man daran, dass die Marmelade bis in die zweite Reihe platscht, und Damenblusen ruiniert – hätte das Deutsche Theater das geahnt, wären die üblichen Plastikschürzen ausgegeben worden.
Ein großes Problem sind die Farben, das Orange mit dem Beige und dem Rosa. Die Einrichtung ist laut Text "Eiche depressiv". Das ist lustig formuliert. Und "Marillenmarmelade" ist ein sehr schönes Wort. Aber die orange Marmelade macht auf der Eiche keinen ordentlichen Effekt – und auf dem rosa Fatsuit, in dem die Morzé steckt, auch nicht.
"Your very own double crisis club" von Sivan Ben Yishai ist beim Lesen das stärkste der drei Stücke, ein Lamento von enormer sprachlicher Wucht und Schönheit, mit einem zwingenden Rhythmus, der einen hineinzieht in die unerträgliche Lage der Geflüchteten. Ein "Wir" spricht direkt zum Publikum. Es sind Geflüchtete aus einer abgebrannten Stadt, die nichts zu verkaufen haben als ihre Geschichten – aber es gibt keine Geschichten mehr für sie, keinen Sinn, keinen Anfang, keine Mitte und kein Ende. Trotzdem müssen sie etwas liefern – und alles wird ihnen zu Immigrantenpoesie und Kriegsporno.
Die erste Stunde wird das "Wir" von sechs Schauspielstudent*innen der Berliner Universität der Künste verkörpert. Sie rappen die Texte, machen lustige Spielchen: Wer kriegt das Mikro? Sie sprechen mit falschem Pathos, dann setzen sie wieder ein anbiederndes Grinsen auf. Nur eine der sechs – Mariann Yar – spricht so als würde das, was sie sagt, sie wirklich angehen. Die Verzweiflung über die Unmöglichkeit aus den eigenen Erfahrungen sinnvolle Geschichten zu konstruieren, ist nur einmal zu spüren: als ein Absatz vom Band kommt, gelesen von der Autorin.
Showdown
"Wir sind die Gäste.“ sagen die Immigranten, "Wir sind eure Zuschauer. Das hier – das ist das Haus eurer Geschichte. Unsere ganze Geschichte ist nur ein kleines Kapitel in eurer. Das wissen wir doch."
Diesen Gedanken, der ganz ohne Vorwurf auskommt, dreht Dömötör in einen Angriff gegen die bösen Deutschen um und bläst ihn zu einem bombastischen Showdown auf. Auf einmal kommen Bühnenarbeiter und bauen ein riesiges Bühnenbild auf: ein Speisezimmer mitsamt glühendem Kamin, Jagdtrophäen und einem batteriebetriebenen Kätzchen. Während des Aufbaus schieben die Bühnenarbeiter die Schauspielstudent*innen weg, demonstrieren, dass die stören. Die Armen sind im neuen Bühnenbild gefangen, laufen gegen die vierte Wand , die – natürlich als unsichtbare – zusammen mit dem altväterischen Bühnenbild aufgebaut wurde (eine Idee, die für sich genommen sehr lustig wäre).
Dann treten Judith Hofmann und Felix Goeser auf als die zwei "echten" Schauspieler, die in dem eigentlichen, hanebüchenen Stück hätten spielen sollen – auf das das spießige verblödete Publikum doch sicher wartet – und können die Geflüchteten gar nicht sehen. Das ist alles lustig, "macht was her" und ruiniert das Stück endgültig. Dass der Regisseur um eines Effekts wegen auf diesen starken, klugen Text mit genau der alten Leier einprügelt, gegen die der Text sich gerade wendet und dazu auch noch Schauspielstudenten dumm dastehen lässt, ist wirklich sehr ärgerlich.
Im Oktober wird das neue Stück von Sivan Ben Yishai am Gorkitheater aufgeführt – hoffentlich mit mehr Liebe zu ihrer außergewöhnlichen Sprache.
Alles in allem war das ein erfreulich starker Jahrgang mit neuen Perspektiven, die das Theater gut gebrauchen kann.
Welches Jahr haben wir gerade?
von Afsane Ehsandar
Uraufführung
Regie: Mélanie Huber, Ausstattung: Marie Luce Theis, Komposition: Martin von Allmen, Arrangements der Liedtexte: Stephan Teuwissen, Licht: Thomas Adam, Dramaturgie: Karolin Trachte.
Mit: Sarah Gailer, Sarah Hostettler, Nicolas Rosat, Isabelle Menke (Stimme).
Dauer: 45 Minuten, keine Pause
www.schauspielhaus.ch
Kartonage
von Yade Yasemin Önder
Uraufführung
Regie: Franz-Xaver Mayr, Bühne: Michela Flück, Kostüme: Korbinian Schmidt, Video: Sophie Lux, Musik: Levent Pinarci, Licht: Norbert Gottwald, Dramaturgie: Florian Hirsch.
Mit: Bernd Birkhahn, Petra Morzé, Irina Sulaver, Marta Kizyma.
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause
www.burgtheater.at
Your very own double crisis club
Ein übersetztes Klagelied mit furchtbarem Akzent
von Sivan Ben Yishai
Übersetzung: Henning Bochert
Uraufführung
Regie: András Dömötör, Ausstattung: Sigi Colpe, Musik: Tamás Matkó, Dramaturgie: Claus Caesar, Marion Hirte.
Mit: Hicham-Tankred Felske, Felix Goeser, Christian Hankammer, Esther Maria Hilsemer, Judith Hofmann, Richard Manualpillai, Til Schindler, Mariann Yar.
Dauer: 1 Stunde 35 Minuten, keine Pause
www.deutschestheater.de
Bei "Kartonage" gingen "Text und Inszenierung perfekt zusammen", meint Fabian Wallmeier auf RBB online (25.6.2017). Yade Yasemin Önder erzähle "lückenhaft, aber plastisch eine sehr böse und auf extrem düstere Weise witzige Familiengeschichte. Franz-Xaver Mayr hat sie für das Wiener Burgtheater angemessen grotesk und zunehmend derb inszeniert." Damit sei "Kartonage" "die mitreißendste und stimmigste Uraufführung" der Langen Nacht. "Die anderen beiden Premieren haben es im Vergleich etwas schwerer." "Your Very Own Double Crisis Club" von Sivan Ben Yishai erzähle "eine viel größere Geschichte – ebenfalls lückenhaft, aber in ihren Einzelteilen sprachlich drastischer." Und Afsane Ehsandars "Welches Jahr haben wir gerade?" sei "der sanfteste und rätselhafteste Text der Langen Nacht. Mélanie Huber habe "den dichten Text (...) als intimes Kammerspiel inszeniert." Doch der Text bleibe "im Ganzen verschlossen, es entsteht trotz der intimen Anordnung keine wirkliche Nähe."
"Eine insgesamt sehr durchwachsene 'Lange Nacht'" hat Patrick Wildermann gesehen und schreibt im Tagesspiegel (26.6.2017) im Einzelnen über die drei Uraufführungen: "Sivan Ben Yishai besitzt Sprache, kein Zweifel. Sie schreibt eine knappe, ausgestanzte Prosa, die (...) immer wieder sarkastisch funkelt." Regisseur András Dömötör halte aber mit dem Reflexionsvermögen von Ben Yishais Stück nicht Schritt und lasse "Your Very Own Double Crisis Club" in eine "Holzhammer-Anklage der saturierten Zuschauerschaft" kippen.
Afsane Ehsandars Stück "Welches Jahr haben wir gerade?" bediene "keine Erwartungen an tränenselig konsumierbare Gräuelschilderungen, sondern mäandert mit losen Enden dahin und bleibt bewusst sperrig." Uraufführungsregisseurin Mélanie Huber verlege es "auf den Boden eines leeren Schwimmbeckens, wo Sarah Hostettler, Sarah Gailer und Nicolas Rosat in depressiver Grundstimmung an einem Fahrrad schrauben und zwischendrin für markant befundene Textpassagen singen", so Wildermann implizit abfällig.
Schlimmer noch kommt es aber für Yade Yasemin Önders "Kartonage" – "anderthalb zähe Stunden, die sich nach Werner Schwab und Samuel Beckett strecken, aber denen der seelenvolle Witz des einen und der scharfe Verstand des anderen fehlen". Franz-Xaver Mayr inszeniere "angemessen ratlos, und das mit eigentlich tollen Schauspielern".
Zu 'Your very own double crisis club' schreibt Irene Bazinger von der FAZ (27.6.2017): "Das ist frei flottierendes, redlich empfundenes Gesinnungstheater für 'Körper' und 'Stimmen' – aber nicht für Schauspieler." Deshalb biete András Dömötör einen Chor aus sechs Studenten der Berliner Universität der Künste auf. Die Inszenierung sei technisch sehr aufwendig gestaltet, aber es helfe nichts. "(D)ie Aufführung wirkt so überfrachtet wie das Stück und trotz aller Anspielungen ('wohlsubventionierte Immigrantenpoesie') ziemlich schwach auf den Empörungsbeinen." Viel weniger pompös, dafür phantasieanregender erscheine dagegen 'Welches Jahr haben wir gerade?' "Eine kleine, feine, hochverdichtete Aufführung, die mit ihrem überzeugenden formalen Spektrum das komplex segmentierte Stück ebenbürtig erschließt." Yade Yasemin Önder wiederum bescheinigt Bazinger für 'Kartonage' bösen Witz und ironische Gemeinheit. Für das Publikum sei der Abend ein abgründiger Spaß und "eine köstlich komische Katastrophe".
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Dieses Szenario eines Paares, das in seltsamer Abhängigkeit in einer Kartonage vor sich hinvegetiert, könnte von Samuel Beckett stammen, wenn er den Fritzl-Fall in Amstetten noch erlebt hätte.
Als die blutverschmierte Tochter nach jahrelanger Abwesenheit auftaucht, entwickelt sich eine groteske Familientragödie, die im finalen Marillenmarmelade-Massaker der furios aufspielenden Petra Morzé endet. Franz-Xaver Mayr gelang zum Abschluss der Autorentheatertage des Deutschen Theaters in Co-Produktion mit dem Wiener Burgtheater eine überzeugende Uraufführung von Yade Yasemin Önders kleinem, bösem Emanzipationsdrama.
Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2017/06/24/kartonage-wiener-marillenmarmelade-massaker-zum-abschluss-der-dt-autorentheatertage/
Komplette Rezension: https://stagescreen.wordpress.com/2017/06/25/wessen-geschichte/
Komplette Rezension:
http://theater-in-berlin.blogspot.de/2017/06/welches-jahr-haben-wir-gerade-von.html
Über diesen Umweg des Postmodernen Zitates, kann dann natürlich
jedes Potentatenrgime gemeint sein.
Platt.
Es liegt mir fern, explizit auf weniger überzeugte Stimmen hinzuweisen, aber immerhin war die "Berliner Zeitung" nah dran am Ereignis und hat als Regionalblatt auch einen besonderen Bezug zum DT und seinem Festival. Frau Pauly von der "Berliner Morgenpost" war frauenfreundlich angetan, soweit ich das erlesen konnte.
Dies ist die Pointe von András Dömötörs Uraufführung von „Your very own double crisis club“, den die israelische Autorin Sivan Ben Yishai zu den Autorentheatertagen des Deutschen Theaters Berlin eingereicht hat. Diese Schlussszene ist ein passender Kommentar zum aktuellen Wahlkampf, bei dem die Flüchtlinge als sprichwörtlicher Elefant im Raum stehen. Während die italienische Regierung und NGOs Alarm schlagen, dass die Zahlen der Bootsflüchtlinge auf dem Mittelmeer steil ansteigen, kehren Merkel und Seehofer ihre Differenzen unter den Teppich und spielen dem geneigten Publikum ein angeblich harmonisches Polit-Ehepaar vor. Über die richtigen Konzepte zur Integration der Flüchtlinge spricht am liebsten niemand.
Bis zu diesem Finale setzt „Your very own double crisis club“ immer wieder neu an und verwendet dabei, wie Fabian Wallmeier in seiner rbb-Besprechung kritisch anmerkte, viele altbekannte Mittel. Wie zuletzt schon in mehreren Arbeiten geht es auch hier um die Schwierigkeit der Flüchtlinge, einem im sicheren Wohlstand lebenden Publikum ihre Geschichten zu erzählen, ohne dass es in „wohlsubventionierter Immigrantenpoesie“ endet.
Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2017/07/15/your-very-own-double-crisis-club-urauffuehrung-bei-den-autorentheatertagen-ueber-an-den-rand-gedraengte-fluchterzaehlungen/