Geht es Dir gut? - Volksbühne Berlin
Schaumkronen der Müdigkeit
25. März 2022. "Ich meine, was soll denn eigentlich noch kommen? Atomare Bedrohung haben wir, Klimakatastrophe haben wir. Pandemie haben wir", fragen Fabian Hinrichs und René Pollesch in ihrem neuen Stück und liefern ein begeisterndes Gegenwartsbild zwischen Verzweiflung und Hoffnung.
Von Christian Rakow
25. März 2022. Es ist schon irre, wie nach all der Zeit – nach diesen letzten zwei Jahren oder den vergangen zweieinhalb Millionen – alles auf diese eine Zahl zuzulaufen scheint: 1,5. Diese Nur-Halbes-und-nichts-Ganzes-Zahl. 1,5 Meter Personenabstand sollen uns vor dem mutationsfreudigen Corona-Virus schützen. 1,5 Grad Celsius und nicht mehr darf sich die Erde erwärmen, wenn wir sie weithin bewohnbar halten wollen.
Fabian Hinrichs streift umher im leeren Rund der Volksbühne. Tausend Kilometer entfernt ist Krieg. Tausend Kilometer und einskommafünf Meter, sagt er. Es martert ihn, es martert uns. Er spricht scheinbar mit uns, dem Publikum, als treffe er einen lang vermissten Geliebten. Nach zwei Jahren Pandemie. Wir haben die schmutzigen Masken noch vor dem schiefen Mund. Allein die Augen verheißen mehr. Mehr was? Schönheit? Hingabe? "Geht es Dir gut?", fragt Hinrichs richtungslos. Und: "Hast Du wieder Nachrichten gesehen?" Ach ja… Wem könnte es wohl gut gehen? Corona, Krieg und Klimakatastrophe – das sind einskommafünf mal zwei Tonnen Menschenbürde.
Flashende Gedankenfetzen
Fabian Hinrichs gehört zu den wenigen Schauspielern auf deutschen Bühnen, die schon mit Szenenapplaus empfangen werden, ehe sie überhaupt einen Handschlag getan haben. Mit Grund. Er hat uns in Mülheim und auch hier an der Berliner Volksbühne die großen Erfindungen der Menschheit dargelegt (Ruhrtriologie); er ist an der Discokugel geflogen (Verblendungszusammenhang); er hat den Wagen der "Mutter Courage" gezogen und ist mit einer Turner-Riege dem Netzwerk-Kapitalismus von der Schippe gesprungen (Kill your Darlings). Alles gemeinsam mit seinem Regisseur, Autor und Kompagnon René Pollesch. Als Duo kredenzten sie zuletzt traurig-funkelnde Kindheitsgeschichten im Berliner Friedrichstadtpalast (Glauben an die Möglichkeit...). 2019 war das, gefühlte Lichtjahre vor der Pandemie.
Und jetzt ist alles vorbei. The Show must not go on. "Geht es Dir gut?", fragen Pollesch/Hinrichs an der Volksbühne und kennen wie wir die Antwort. "Ich bin müde", sagt Hinrichs immer wieder. "Müdeeee". Er hat einen Chor dabei, glänzende Sänger:innen der "Afrikan Voices" und "Bulgarian Voices Berlin", aber er lässt sie geradezu einförmig wie in einem Mantra auf wenigen Akkorden und wenigen Versen verharren. "Ich war weg", singen sie eingangs minutenlang. Und dann ist der Chor selbst bald weg und Hinrichs einsam auf der Bühne. Im imaginären Zwiegespräch mit uns, im Selbstgespräch mit sich. Er schleudert Gedankenfetzen raus, der Krieg, Corona, sogar Putin-Bilder flashen herein, als wolle er die Leere tapezieren. Mitunter schreit er gegen die Bedrückung an, wie ein Rufer in den Bergen, in denen ja die Gletscher abschmelzen. Also ein Rufer in Geröllwüsten.
Wortwehgeburten ohne Echo
Ich habe lange im Theater keinen Abend gesehen, der so ungeschützt und ehrlich mit sich selbst und mit dem Gefühl der Ohnmacht, das seit Corona in unsere Wohlstandswelt getreten ist, umging. Hinrichs' betont kühle Wortwehgeburten, die ohne Echo an der kahlen Einhegung der Bühne abprallen, erzählen so viel: von unserem unpolitischen Lärmen, vom Hedonismus, vom Verlust kollektiver Anstrengung, von der Handlungshemmung angesichts von einskommafünf plus x Menschheitsaufgaben, die konkrete Kosten bedeuten. Für uns, denen schon Masken in der Not lästig werden. Leise im Hintergrund dudeln die Akkorde aus Falcos sinistrem 1980s Song "Jeanny". "Diese Müdigkeit", presst Hinrichs leidvoll heraus, "ist nur die Schaumkrone einer ganz anderen Müdigkeit."
Wohl eine gute halbe Stunde, jedenfalls eine geschlagene Ewigkeit, geht sein bitteres, berückendes Solo. Dieser "Schrott, den ich hier inhaltlich gerade verzapfe“. Und dann wagen Pollesch und Hinrichs doch noch so etwas wie einen Blick auf die Utopie einer Kunst am Ende des Tunnels. Eine Rakete schwebt herein, halb Kriegszeichen, halb Aufbruch in die Raumfahrtära. Die Sänger:innen sind wieder da, umfangen Hinrichs, greifen seine Worte auf und werden ihn alsbald rauchumwölkt in der Rakete verlassen (Bühne: Katrin Brack).
Beim Schlußapplaus gibt's Zugaben
Und dem Zurückgebliebenen erscheinen neue seltsame Wesen: Breakdancer der Flying Steps Academy, lassen in irrwitziger Beweglichkeit ihre Körper kreisen, reißen das Publikum zu Applauswogen hin. Ein Comic Relief an einem Abend, der wahrlich nicht nach Leichtigkeit heischte. Die Darbietungen der "Flying Steps", der "Afrikan Voices", der "Bulgarian Voices" sind findlingshaft und wunderschön, behaupten locker ihren Eigenwert neben dem splitternden Bewussteinsmonolog des Solo-Helden. Wir sehen eine Art neues Volkstheater, wo entfernte Künste emanzipiert zueinandertreten, ohne sich verschmelzen zu müssen. Beim Schlussapplaus gibt's Zugaben.
Hinrichs und Pollesch haben aus einem kleinen und irgendwie ja auch belanglosen Masken-Scherz ein großes Zustandsbild unserer Tage geschaffen. Mit weiten Antennen, mit Mut, die eigene Ratlosigkeit freizulegen. Die Welt ist ihnen eingebrochen, ist hereingebrochen, "weißt Du, eine Rakete, ein Krieg, der mir sagt, ich kann hier nicht mehr nur über uns beide reden". Und also redeten sie von allem und nichts, von dem, was ist und was vergeht, redeten, als gelte es ihr Leben, redeten über sich und über uns. Mit Punkt und Komma, Einskomma.
Geht es Dir gut?
von René Pollesch und Fabian Hinrichs
Text: René Pollesch, Bühne: Katrin Brack, Kostüme: Tabea Braun, Licht: Frank Novak, Johannes Zotz, Ton: Klaus Dobbrick, Dramaturgie: Johanna Kobusch.
Mit: Fabian Hinrichs, Afrikan Voices, Bulgarian Voices Berlin, Flying Steps Academy.
Premiere am 24. März 2022
Dauer: 1 Stunde 30 Minuten, keine Pause
www.volksbuehne.berlin
Kritikenrundschau
An der "Volksbühne, die hier seit langer Zeit endlich mal wieder beglückend zeigt, was sie kann" erlebte Christine Wahl vom Tagesspiegel (26.3.2022) eine "gigantische Litanei der Erschöpfung". Polleschs und Hinrichs Antwort auf die Krisen unserer Tage "besteht darin, derart klar und ehrlich die eigene Verzweiflung offenzulegen, dass diese Verzweiflung gar nicht anders kann als unter mutmaßlich sämtliche Publikumshäute zu fahren." Der Inszenierung gelinge das "Kunststück", die "armselige kleine Indiviuumstrostlosigkeit luzide mit der großen gesellschaftlichen Depression in eins zu führen und umgekehrt".
"Pollesch und Hinrichs halten an diesem Abend sehr gekonnt die Balance zwischen Ironie und Schmerz", schreibt Peter Laudenbach in der Süddeutschen Zeitung (27.3.2022). Hinrichs gelinge "das Kunststück, sich ohne Handbremse in das Leiden an sich selbst und der Welt zu stürzen, und gleichzeitig bestens gelaunt zu strahlen". Gleichzeitig bleibe der Text "persönlich, ohne dabei in die Narzissmus-Fallen zu gehen, das Theater anmaßend zur Welterklärer-Instanz aufzupumpen oder den realen Schrecken parasitär zur Theater-Emotions-Ausbeutung zu nutzen", ist der Kritiker angetan.
"Lord-Byron-haft bricht Hinrichs immer wieder aus den vorgegebenen Bahnen des Pointen-Parlandos aus und verleiht seinem Leiden am Alleinsein Ausdruck, ohne je zu hoch im Ton zu werden", freut sich auch Simon Strauß in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (28.3.2022). Wo sich bei Pollesch "sonst oft alles um die Doppelbödigkeit der Sprache" drehe, stelle dieser am Ende "triumphierende" Abend die schlichte Frage: "Was ist das denn grad für ne Zeit?"
Hinrichs "sentimentale Erschöpfungslitanei" klinge "schrecklich selbstbezogen", aber "mit Absicht", findet Barbara Behrendt in der taz (27.3.2022). In den besten Momenten sagten die "emotionalen, mit großer Verletzlichkeit gesprochenen Suaden bei dieser Pollesch-Hinrichs-Arbeit viel über unseren Gesellschaftszustand und Gefühlshaushalt aus". Allerdings mögen die "hineingewerkelten Aktualisierungen" rund um den Ukraine-Krieg nicht so recht "ins Requiem der Privilegierten" passen, das als Theaterabend vielleicht "fünf Wochen zu spät" komme. Dennoch, so die Kritikerin, sei hier endlich wieder ein Volksbühnen-Abend zu sehen, der sich "lohne".
Fabian Hinchris' "virtuosen Wohlstandsjammergesang" vernahm Ulrich Seidler für die Berliner Zeitung (26.3.2022) und fand sich im Volksbühnenpublikum unter "Connaisseuren der Verzweiflung" wieder. "Die Volksbühne nimmt die eigene Krise des schwierigen Neustarts unter Corona-Bedingungen und den immer wahrscheinlicher werdenden und näher rückenden Weltuntergang in gebotener Kühle und Ruhe an, macht unbeirrt einfach immer weiter, was sie einmal konnte, und zelebriert die Müdigkeit und Vergeblichkeit einfach mit." Fazit: "Es ist nicht der stärkste und nicht der schwächste Hinrichs-Pollesch-Abend, aber das ist egal. Denn es geht um Durchhaltekunst, die die matten Echos tiefer Verzweiflung einsammelt, aber nicht unter sich selbst zusammenbrechen darf."
"Wenn in anderen Pollesch-Darreichungsformen mit größerem Ensemble oft der aktuelle Stand des je aktuellen Diskurses entgegengenommen wird, sind die Hinrichs-Solospiele eher was für die Überprüfung der eigenen Gemütsverfassung", erläutert Dirk Peitz in der Zeit (26.3.2022) und macht in dieser Inszenierung eine "existenzielle Ratlosigkeit" aus. "Das Ausagieren von Ratlosigkeit bringt aber leider auch einen Theaterabend nicht so recht weiter." Fazit: "Das Theater muss natürlich gar nichts erklären. Es kann auch auf dem verharren, was man so "deskriptive Ebene" nennt. Aber früher war es schon besser. Bei Pollesch und in der Volksbühne. Ja, früher. Da war mehr los."
Mit "Es gibt Theaterbilder, die vergisst man sein Leben lang nicht mehr", beginnt Eva Marburg ihre Kritik im Freitag (1.4.2022). So wie Hinrichs von allen guten Geistern verlassen faselnd auf der Bühne stehe, scheine auch das Theater angesichts unserer Gegenwart in seiner Sinnhaftigkeit an sein Ende gekommen. Paradoxerweise sei genau das der große Theatermoment: wie in diesem Zustand größter Hilflosigkeit so etwas wie die ungeschützte Wahrheit über uns auf den Brettern stehe. "Das alles kann man gewiss auch ganz anders sehen. Wie üblich wurde in einigen Kritiken auf das "öde Wohlstandsgejammer" verwiesen, das auch diesen Abend kennzeichne. Natürlich, Pollesch geht mit seiner Ernsthaftigkeit immer das Wagnis ein, lächerlich zu wirken. Aber es hat Größe, wie hier in "Geht es dir gut?" die Folgen unserer radikal veränderten Wirklichkeit so radikal ernst genommen werden."
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Allein bleibt er zurück in seiner viel beschworenen Tristesse, als die Rakete mit den Chören ohne ihn abfliegt. Enttäuscht könnte man sich nun fragen, ob es das schon war oder doch noch was kommt, da kommen die Jungs von der Kreuzberger Flying Steps Academy um die Ecke, entern die Bühne und zeigen ein paar Breakdance-Moves. Dramaturgisch ist dies nicht weiter eingebunden, wirkt auf den ersten Blick wie ein kleines, nostalgisches Zitat an den „Kill your Darlings“-Klassiker von Pollesch/Hinrichs, der 2012 zum Theatertreffen eingeladen war und jahrelang ein Renner im Repertoire war.
Aber dieser Adrenalin-Stoß der Kreuzberger Breakdancer wird vom Premieren-Publikum begeistert mit Szenenapplaus gefeiert. Die Sprechtheaterblase sehnt sich angesichts von Abenden, die sich viel zu oft nur um sich selbst drehen und von Theaterwissenschaftlern für Theaterwissenschaftler gemacht scheinen, offensichtlich nach einem kräftigen Windstoß, etwas Street Credibility und ein paar neuen Anregungen jenseits eingefahrener Routinen.
Komplette Kritik: https://daskulturblog.com/2022/03/24/geht-es-dir-gut-volksbuhne-theater-kritik/
1. Text, Struktur und fast psychotischer Wahnsinn sind auf einem ganz anderen Plateau anzutreffen als in anderen Arbeiten der beiden.
2. Und dennoch: niemand würde von Beethoven oder Maria Callas oder auch Bob Dylan verlangen, er oder sie solle sich jetzt eine andere Musikrichtung ausüben.
3. "Der Neid ist die aufrichtigste Form der Anerkennung", Wilhelm B
wir wissen, wie toll Sie Pollesch finden. Sie machen es regelmäßig deutlich auf dieser Plattform. Das sei Ihnen gegönnt. Wirklich! Aber müssen Sie bei jeder Kritik immer reflexhaft von Neid raunen? Das ist unsachlich und in seiner Regelmäßigkeit etwas ermüdend … Man darf (und soll?) doch unterschiedlicher Ansicht sein (selbst über die Arbeiten von "Bob Dylan" …).
LG
Genau, es ging bestimmt fast allen so, deswegen haben sie am Schluss auch so gejubelt und es gab standing ovations, weil die "schauspielerische Leistung" so unterirdisch war. Danke für diesen humoristischen Beitrag, made my day!
was bedeutet "normal sprechen"? Auf einer Theaterbühne der Dimension der Volksbühne gibt es kein "normal sprechen". Das würden Sie nicht verstehen. Rein akustisch. Gehen Sie mal in ein Museum: Würden Sie Max Beckmann sagen, können Sie das nicht einfach "normal malen?! So sieht doch kein Tisch in echt aus!?" Ist das ihr Kunstanspruch? Vielleicht dann doch besser Netflix. Aber selbst da...vor einer Kamera normal sprechen...ich weiß nicht. Und mal ehrlich: Können Sie wirklich eine schauspielerische Leistung bewerten? Oder ist es eine Geschmacksbekundung? Dann schreiben Sie doch: Das war nicht meins und nicht: die schauspielerische Leistung war unterirdisch. Also schreiben Sie doch bitte "normal" und mit weniger Hybris! #practicewhatyoupreach
(...)
Sie bezeichnen sich als objektiv?
Das ist ja köstlich.
Aber FakeNews...puh...ne Nummer kleiner geht's nicht?
Tut mir leid, klingt verständlich, stimmt aber so nicht. Denn wie das so ist bei google-research: liest man die Sachen zuende, kommt oftmals das Gegenteil des eigenen Verdachts raus. Tatsächlich gibt es bei Taz u Berliner Zeitung nur minimale Einwände, TAZ: "Ein Abend der einen wirklich angeht. (...) Endlich ein Abend, der den Besuch lohnt. (...) sagen die Suaden viel über den Gesellschaftszustand und Gefühlshaushalt aus (...) finden die Theatermacher wunderschöne Sätze. " Die Kritikerin Behrendt der taz vergibt 4 von 5 Punkten mit identischer Kritik (wortlautgetreu) auf rbb-Kultur. Die Berliner Zeitung schreibt, dass es schade ist, dass man nicht zusammen weinen könne, weil unsere Kultur das nun einmal nicht hergebe. Diese negativen Annahmen/Behauptungen stimmen so also schonmal nicht. Bleiben tatsächlich nur Janis El Bira + Dirk Peitz? Janis El Bira sagt: "Es ist immer sehr sehr schön Fabian Hinrichs dabei zuzuschauen wie er immer diese oft schwierigen Texte spricht und wie er immer wie ein denkender Schmerzensmann eigentlich den eigenen Worten beim Verlöschen zuhört. Es ist immer sehr schön. Es ist auch dieses Mal sehr schön.(...) Es ist wirklich Co-Autorschaft, die auch dieses Mal in Vielem sehr schön und sehr poetisch funktioniert." Miese Kritik klingt anders, oder? . Dirk Peitz: "Hinrichs beherrscht die Kunst wie kaum jemand sonst, als Schauspieler stets im Zentrum zu stehen und zugleich am Rand, verloren und sich selbst kommentierend zugleich. " So, die angeblich miesen Kritiken entpuppen sich zumindest als etwas ziemlich anderes. Wie gesagt: von Neues Deutschland bis FAZ (Süddeutsche, Tagesspiegel,Morgenpost, ND, FAZ, BR, nachtkritik,taz, rbb,weitere werden folgen): Begeisterung. Und daher meine These im vorherigen Kommentar: Im Internet kommentiert nur eine kleine Gruppe von Menschen das Weltgeschehen, hier das theatrale Geschehen. Die Verfasserinnen und Verfasser finden mit ihren Online-Kommentaren allerdings ein recht großes Publikum. Dabei bilden die Einlassungen die öffentliche Meinung nur unzureichend ab. Prof.Dr. Marc Ziegele, Düsseldorf, Kommunikationswissenschaftler: "Relativ wenige Nutzer haben großen Einfluss, weil sie ihre Meinungen häufig und ausdauernd in die Diskussion geben. Verschiedene Studien zeigen, dass viele Lesende diese Kommentare zur Meinungsbildung heranziehen." Dabei sei jedoch davon auszugehen, dass die Online-Kommentare nicht die öffentliche Meinung abbildeten.
Deswegen meine beharrlichen und auch nachprüfbaren Einlassungen hier. "Aufgewärmt", "Zenit übersschritten", "Hinrichs schreibt hier selbst", "unterirdisches Schauspiel"- das sind HIER die Kommentare. WOANDERS, in der BREITEN und REPRÄSENTATIVEN kulturellen Meinungslandschaft ist aber von "großem Schauspiel", "Solitär der Schauspielkunst", "fährt unter alle Publikumhäute", "zarte begeisternde umjubelte Schauspielkunst", "großartiges Gegenwartstheater" die Rede, Christian Rakow von nachtkritk + Theater heute schreibt:"Ich glaube, wenn sie mich einmal fragen werden, wie war das damals in der Pandemie, dann werde ich über diesen Abend erzählen.", Esther Slevogt, wahrlich keine Hinrichs/Pollesch-Pollesch/Hinrichs Apologetin:"Das war wirklich ein großer Abend" und und und und. DESWEGEN empfinde ich es als wichtig, hier einmal als nahezu einzige auch repräsentativ abbildbare Stimme gegen den Versuch irgendwelcher Ränder anzugehen, kulturelle Stimmungsmache zu betreiben. Denn was bitte ist das denn sonst (siehe Belege oben)?
Sie werden damit leben müssen, das der Abend manchen halt nicht ganz so gut gefällt, wie anderen. Und damit bin ich: Over and OUT.
ich habe es oben mit freundlicheren Worten versucht, aber ich muss nun doch noch einmal betonen, dass ich es wirklich schwer erträglich finde, wie Sie Kritik an Ihren Idolen systematisch verunglimpfen.
Überhaupt den Begriff der Objektivität in die Diskussion über die Qualität eines Theaterabends einzuführen, ist doch schon ein - Entschuldigung - Witz. Die von Ihnen vielfach zitierten Kritiker*innen würde, so sie ihren Job ernst nehmen, einer Vereinnahmung durch Sie zur Bestimmung "objektiv" guter Kunst sicher widersprechen. Kunst und objektive Bewertung passen doch nur schwerlich in denselben Satz. Und dann ziehen sie ausgehend von Ihrer objektiv erhabenen Position mit persönlichen Angriffen ins Felde gegen andere Theaterfans hier im Forum ...
Dass Sie hier andere Kommentierende immer wieder angreifen, von Neid raunen (s. mein Kommentar oben), implizit den Vorwurf erheben, sie seien nicht zur Begeisterung fähig (was wissen Sie, wer mich begeistert im Theater? Es sind viele, nur eben nicht immer Pollesch), "das Gemäkel der Zukurzgekommenen", "FakeReviews", dagegen immer ihre "schweigende intellektuelle und ästhetikgeschulte Mehrheit" (in dieser oder ähnlichen Formulierungen; im Umkehrschluss ist das eine üble Beleidigung Ihres Gegenübers!) gegen die "Polemik" des dummen Nachtkritiknutzers …
Über die Abende von Pollesch seit seiner Intendanz an der VB kann, darf (und in meinem Kunstverständnis: soll) man unterschiedlicher Meinung sein, streiten, für und wider. Wie im Übrigen über alle hier besprochenen Abende. Was Sie dagegen immer wieder tun, verleidet mir die Freude an diesem Forum.
Ich bitte Sie, liebe*r Neill, darüber wirklich einmal nachzudenken. Und die Redaktion bitte ich, ein Auge auf die Einhaltung der Netiquette durch Neill zu haben.
---
Lieber neill, liebe:r Momunk, lieber Johannes,
es ist hinreichend erkennbar geworden, dass Sie die Reaktionen auf den Abend unterschiedlich interpretieren. Eine weitergehende Thematisierung dieser Sichtweisen erscheint uns nicht erforderlich. Diskutieren Sie gerne weiter über die Inszenierung, aber lassen Sie doch bitte Ihren Streit auf sich beruhen.
Herzliche Grüße aus der Redaktion / Over and out
miwo
Unglaublich intensiv, berührend, schön. Zu Recht Riesen-Applaus.
Was mich an der Aufführung gestört hat, was ich kritisiere, ich habe es ja oben bereits geschrieben. Ich will Ihnen da nicht Ihren Eindruck des Abends vermiesen. Ich fühle mich von so einer Aufführung intellektuell unterfordert, ästhetisch gelangweilt und von ihrem arrogant vorgetragenen Selbstbewusstsein genervt. Theater braucht eine gute Idee, einen ebenso guten Text und eine Inszenierung die das mit den Schauspielern in genau die richtige Form bringt. All das habe ich leider nicht erlebt.
-> lachen, bevor der Witz überhaupt ausgesprochen wurde, glucksende Freude darüber dass Mensch die Referenzen erkennt. Es findet nichts Überraschendes statt, und das schätzen beide Gruppen.