Presseschau vom 16. Juni 2011 – Die Süddeutsche Zeitung über die Bonner Sparpläne

Das nennt man Chuzpe

Das nennt man Chuzpe

16. Juni 2011. Der kreative Exitus droht, schreibt Vasco Boenisch zur Causa Bonn in der Süddeutschen Zeitung. "Die Stadtverwaltung macht es sich leicht, legt eine abstrakte Sparvorgabe fest, vertagt aber die Entscheidung, wie das Geld zusammengekratzt werden soll." Dass man trotz eines Sparvolumens von 3,5 Millionen Euro allein beim Theater Bonn die Qualität halten wolle, sei "die übliche Rhetorik in solchen Fällen".

Die Lösung? Höhere Kartenpreise etwa, wie sie der Bonner Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch vorschlägt? Weniger Vorstellungen ab 2013 würden die Einnahmen wieder senken. Die Schließung der Kammerspiele in Bad Godesberg? Die lehne der OB kategorisch ab. Dafür deute sich an, dass die Oper über die Klinge springen müsse. Intendant Klaus Weise verweise hingegen auf 80 Prozent Auslastung – und stehe unter den derzeitigen Bedingungen für eine Vertragsverlängerung ab 2013 nicht zur Verfügung.

Boenisch kommentiert: "Die Spardiskussion ist nicht nur fahrlässig unehrlich, sondern wird anderen Kommunen ein Beispiel sein: Was Bonn sich traut, dürfen wir schon lange. Städte wie Oberhausen, Moers, Wuppertal sind noch ärmer dran; dort jongliert man seit Jahren mit den Theatern als potentieller Streichmasse und rettet sich von Runde zu Runde. Hildesheim konnte gerade Kürzungen durch Protest abwenden. Eine Lobby hat Kultur nur noch in Sonntagsreden."

Kulturpolitik als Erbpflege sei das Ziel Nimptschs: das Sprechtheater und Beethoven. "Für ihn will Nimptsch sogar den gestoppten Bau des neuen Festspielhauses spätestens 2020 wieder aufnehmen. Dann wird der in Bonn geborene Musiker 250 Jahre, man liebäugelt gar mit einer Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt. Das nennt man Chuzpe."

(geka)

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