Presseschau vom 23. April 2011 – FAZ-Interview mi Edith Clever

Weil ich mich sonst daran verletze

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Weil ich mich sonst daran verletze

23. April 2011. Für die FAZ-Wochenendbeilage "Bilder und Zeiten" (23.4.2011) hat Irene Bazinger lange mit Edith Clever gesprochen. Loser Anlass für das Gespräch ist der 70. Geburtstag der großen Schauspielerin im vergangenen Dezember, die inzwischen nur noch selten auf der Bühne zu sehen ist. "Haben Sie sich von der Bühne zurückgezogen?" will Irene Bazinger also von Edith Clever wissen.

Nein, antwortet die Clever, doch die Tendenz dazu bestehe, "außer wenn mich zum Beispiel vielleicht Luc Bondy fragen würde, ob ich bei ihm in einer Inszenierung mitspielen will, oder wenn mir jemand eine Lesung vorschlägt und es sind schöne Texte, an deren Auswahl ich mich selbst beteiligen kann." Doch dass sie den dringenden Wunsch hätte, noch sehr große Rollen zu spielen, könne sie nicht sagen.

Sie habe auch nicht mehr den Wunsch, ganz neue Menschen kennenzulernen, Regisseure die völlig anders arbeiten, als ihr das vermutlich vertraut sei. "Da habe ich Angst, weil ich weiß, dass ich, wenn ich mich nicht wohl fühle und nicht den Raum habe, den ich brauche, nicht gut sein kann. René Pollesch hat mich gefragt, ob wir etwas zusammen machen wollen, und Frank Castorf wäre sicher auch nicht abgeneigt. Aber mich in eine mir im Grunde sehr fremde Welt einzufinden, davor habe ich einfach Angst, und mit Angst kann man nicht arbeiten. Obwohl ich, das möchte ich ausdrücklich sagen, gegen beide Herren nichts habe, im Gegenteil! Ich habe jedoch den Eindruck, Pollesch und Castorf arbeiten ganz anders, als mir vielleicht gut tut."

Auch ins Theater gehe sie nur noch dann, wenn sie vermuten dürfe, dass ihr das auch zusage. "Weil ich mich sonst daran verletze, denn ich hänge zu sehr am Theater. Wenn ich mir solche Schreckensstücke und Schreckensinszenierungen ansehe, wie sie einem heute oft zugemutet werden, frage ich mich, was will man da als Schauspieler oder als Regisseur in sich und bei anderen berühren, entdecken, weitergeben? Als Zuschauer jedenfalls geht man genauso leer wieder weg, wie man gekommen ist, nur verärgert."

(sle)

Kommentare  
Presseschau Edith Clever: Durchdringung der Theaterkonfessionen
"Obwohl ich, das möchte ich ausdrücklich sagen, gegen beide Herren nichts habe, im Gegenteil."

Gäbe viel weniger "Sommertheater" und viel mehr gegenseitige Durchdringung verschiedener "Theaterkonfessionen", gäbe es mehr von der Klasse einer Edith Clever -siehe "Die Zofen", VB- !
Das schreibe ich jetzt, da mir dieser neue Artikel just nach meinen wenigen Zeilen zum Iden-Buch aufgefallen ist: an Edith Clever mußte ich schon da denken, lag natürlich vom Umschlag her schon nahe, dann sogleich an den Bahnsteig in Clamart, Bruno Ganz/Edith Clever, linkshändige Frau- ja, vermutlich wegen "Visconti" dann wieder die Wendung zum Film. Schwalben und Filmschnitte: zur Zeit gewinnen bei mir die Schwalben ! Frohe Rest-Ostern !!
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